Einzelhandel in Bad Neuenahr So soll die Innenstadt attraktiver werden

Bad Neuenahr · Bei der Attraktivitätssteigerung der Bad Neuenahrer Innenstadt ist nun auch der Handel gefragt. Das wurde im Rahmen einer Info-Veranstaltung im Rathaus deutlich.

Weltweit entstehen in Geschäftszentren sogenannte Business Improvement Districts (BIDs). Dabei handelt es sich um freiwillige Partnerschaften zur Attraktivierung von City-Bereichen, die sich auf ein Viertel („Quartier“) erstrecken und in denen die Grundeigentümer und Gewerbetreibenden gemeinsam versuchen, die Standortqualität durch Maßnahmen zu verbessern, die aus dem Aufkommen einer selbst auferlegten und zeitlich befristet erhobenen Abgabe finanziert werden. Wie ein solcher Zusammenschluss der Einzelhändler auch in Bad Neuenahr funktionieren könnte, wurde im Rahmen einer Info-Veranstaltung im Rathaus deutlich.

Vorgetragen wurde ein Erfahrungsbericht aus Gießen, wo BIDs erfolgreich gegründet worden sind. Das Ziel liegt neben der Attraktivitätssteigerung in der Kundenbindung und -gewinnung. Dabei werden grundsätzlich alle Eigentümer gewerblich genutzter Grundstücke im Quartier zur Finanzierung herangezogen. Basis für die Einrichtung von BIDs ist das Erreichen einer gesetzlich geregelten Zustimmungsquote der Eigentümer im Rahmen eines verbindlich geregelten Verfahrens.

„Zuerst muss das Geld da sein, um handeln zu können“, betonte Markus Pfeffer. Er ist hauptamtlicher Geschäftsführer des BID „Seltersweg“ in Gießen und berichtete über das Projekt, das bereits 2006 ins Leben gerufen wurde. Der Seltersweg ist eine 800 Meter lange Fußgängerzone, der nach dem Bau eines nahe gelegenen Einkaufszentrums der Absturz in die Bedeutungslosigkeit bevor stand.

Seinerzeit nutzte ein gut vernetzter Schuhhändler seine Kontakte zu den Immobilieneigentümern, um ein erstes BID ins Leben zu rufen. Die Einlagen der Mitglieder in Höhe von einer Million Euro in fünf Jahren resultierten aus Jahresbeträgen. Mit den getätigten Investitionen avancierte der Seltersweg zu eine der Top-Einkaufsstraßen. Immer in enger Abstimmung mit der Verwaltung, aber ohne große bürokratische Hürden umschiffen zu müssen, wertete das BID die Straße auf und damit auch Werte der Immobilien und Mieteinnahmen. Die stiegen nämlich im Schnitt um 10,4 Prozent.

Dass es im Seltersweg keinen Leerstand gibt, aber 30 Filialisten unter den 56 Geschäften, könnte als Beleg für die Zufriedenheit der Händler gewertet werden. Daher ist sich Markus Pfeffer sicher: „Es gibt momentan auf der Welt kein besseres Mittel, den Einzelhandel zu stärken.“ Wie lange dies angesichts der Tatsache einer immer sprunghafter ansteigenden Online-Handels noch der Fall sein wird, konnte Pfeffer nicht sagen. Immerhin werden mittlerweile bereits 27 Prozent der Waren des täglichen Bedarfs im Internet geordert, 2014 lag diese Zahl noch bei 15 Prozent.

Unter den Zuhörern des Vortrags, die sich in erster Linie aus Ratsmitgliedern und ein paar wenigen Händlern und Immobilienbesitzern zusammensetzten, machte sich angesichts des Vortrags von Pfeffer eine Mischung aus Ungläubigkeit und Interesse breit. Vor allem Vertreter der Werbegemeinschaften hatten Nachfragen. Gerade für sie könnte ein BID viele Probleme lösen.

„Nun muss der erste Schritt dazu aus ihren Reihen kommen“, betonte Bürgermeister Guido Orthen. Schließlich habe man auch in der Kreisstadt einen Einzelhandels-„Koloss“ vor Augen“, so der Bürgermeister mit Blick auf die Planungen zur Errichtung eines Factory Outlet Centers in der Grafschaft.

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