Ehrenamtliche Sozialrichterin in Koblenz Rita Kaiser will helfen und Brücken bauen

KREIS AHRWEILER · Rita Kaiser aus Reifferscheid engagiert sich als ehrenamtliche Sozialrichterin in Koblenz. Nicht die einzige ehrenamtliche Tätigkeit.

 Rita Kaiser aus Reifferscheid ist ehrenamtliche Richterin in Koblenz.

Rita Kaiser aus Reifferscheid ist ehrenamtliche Richterin in Koblenz.

Foto: Fusenig

Sie beraten bei Rentenanträgen, helfen, wenn es bei den Krankenkassen hakt, sie beziehen an Sozialgerichten Position, schlichten und bringen ihr Wissen in der Berufsbildung oder im Prüfungswesen ein. Im Namen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Arbeitnehmerorganisationen (ACA) Rheinland-Pfalz tun sie das – ehrenamtlich. Eine von ihnen ist Rita Kaiser. Sie engagiert sich als ehrenamtliche Sozialrichterin in Koblenz.

Von Herzen würde man es Rita Kaiser gönnen, dass sie in ihrer knapp bemessenen Freizeit einfach „nur“ die Füße hochlegt und den unverstellten Blick von der wunderschönen Terrasse ihres Hauses in Reifferscheid auf Wälder und die Nürburg genießt. Schließlich hat Rita Kaiser nicht nur zwei Kinder großgezogen, war und ist berufstätig. Sie hat zudem ihren Schwiegervater gepflegt und kümmert sich aktuell um ihre pflegebedürftige Mutter, die mit im Haus lebt. Auch ohne Ehrenamt hätte sie wahrlich genug zu tun.

Doch ein Leben, ohne sich in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen, ist für die 53-Jährige keine Option. Und wenn sie von der Bedeutung eines regen Vereinslebens in Reifferscheid spricht, von ihren langjährigen Einsätzen an Karneval, dann spürt man förmlich, wie sie vor Energie nur so sprüht.

Besonders ans Herz gewachsen ist ihr das Engagement in der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB). Ihr Mann Peter ist Vorsitzender der KAB Reifferscheid/Rodder, sie ist dort ebenfalls beheimatet und zudem im Diözesanausschuss tätig. Bewahrung der Schöpfung, Rentengerechtigkeit, Mindestlohn, Flüchtlingshilfe, Protest gegen das Freihandelsabkommen TTIP: Soziales Verständnis und christliche Soziallehre seien wichtige Bausteine ihres katholischen Glaubens, so Kaiser. Über die KAB-Arbeit kam es schließlich zum Kontakt mit der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Arbeitnehmerorganisationen und zur Anfrage des damaligen ACA-Geschäftsführers: Könnten Sie sich vorstellen, ein Mandat als ehrenamtliche Sozialrichterin zu übernehmen? Vorstellen? „Ja schon.“ Aber es stellte sich auch die Frage: „Kann ich das überhaupt?“

Dass Rita Kaiser auch diese Frage mit „Ja“ beantworten konnte, liegt vielleicht an ihrem früheren Sozialkundelehrer am Gymnasium in Adenau. Er war gleichzeitig auch Richter. „Er hat mein Interesse an der Gerichtsbarkeit geweckt, konnte die Fälle so interessant, spannend und detailliert darstellen, da machte Sozialkunde richtig Spaß.“ Er habe die Schüler um ihre Meinung gebeten, fragte, wie zu urteilen wäre und welches Rechtsempfinden die Schüler hätten. Sein Unterricht fiel offenbar auf fruchtbaren Boden.

Eine gute Entscheidung

Denn heute, viele Gerichtsverhandlungen am Koblenzer Sozialgericht später, weiß Rita Kaiser, dass sie eine gute Entscheidung getroffen hat, regelmäßig vor Gericht zu ziehen. Sie flankiert in der Kammer sozusagen den hauptamtlichen Richter und tut als Arbeitnehmervertreterin „kund, was ich davon halte“. Mal geht es im Klageverfahren um die Rente wegen Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit, mal um das Ansinnen einer Pflegehelferin, den kaputten Pkw ersetzt zu bekommen, um arbeiten zu können, dann wieder werden ein Heizkostenzuschuss verhandelt oder die Haftung nach einem Arbeitsunfall. „Es sind oft sehr emotionale, bewegende Fälle, Geschichten aus dem täglichen Leben.“

Manchmal seufze sie angesichts der großen Tragweite: „Oh Gott“: Die Richter seien sehr bemüht, Vergleiche zustande zu bringen. Es sei immer ein gutes Gefühl, wenn es zu einem versöhnlichen Abschluss kommt, obwohl die Fronten zuvor verhärtet waren. Ihren ehrenamtlichen Einsatz am Sozialgericht Koblenz findet sie „sehr spannend und sehr interessant“. Jeder Fall sei speziell, jeder Mensch etwas ganz Besonderes. Und manchmal könne man „wirklich helfen und Brücken bauen“. Rita Kaiser setzt dabei auf ihren gesunden Menschenverstand und kennt ihre Qualitäten: „Ich stehe mitten im Leben. Kann aus der Lebenserfahrung heraus meine Meinung kundtun.“

Kaum hat sie das gesagt, klingelt das Telefon: Der nächste Gerichtstermin steht bevor. Und auch die Mutter braucht ihre Rita nun. „Ja, Sie sehen. Hier kommt keine Langeweile auf.“ Den schönen Ausblick genießen, das muss erst einmal noch warten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort