Ausstellung in Ahrweiler Oasen mit Widerhaken

AHRWEILER · Cornelia Harss stellt in der Stadtgalerie „Weißer Turm“ aus. Birgit Wichmann liest dazu politische Gedichte.

 Künstlerin Cornelia Harss (links) und Autorin Birgit Wichmann führten in die Ausstellung ein.

Künstlerin Cornelia Harss (links) und Autorin Birgit Wichmann führten in die Ausstellung ein.

Foto: Martin Gausmann

Mit einer Lesung hat am Wochenende die Ausstellung „Oasen“ der Künstlerin Cornelia Harss in der Stadtgalerie Weißer Turm in Ahrweiler begonnen. Autorin Birgit Wichmann las aus ihren größtenteils politischen Gedichten und die Künstlerin führte die interessierten Besucher umher, um ihre teils sperrigen Bilder näher zu erläutern.

Nach anfänglich nur geringer Besucherzahl, bestiegen die Kunstfreunde im Laufe der Vernissage immer zahlenstärker die knarzenden Treppenstufen in das Obergeschoss des Turms.

Ein Bergwiesen-Panorama breitet sich über drei Bilder aus. Ein blauer Himmel trifft auf das satte Grün der Almen. Besonders perspektivisch aufgehangen kann sich das Auge in diesem Triptychon verlieren, so anmutig erscheint diese Landschaft.

Bald schon ist klar, welches Alpenpanorama Harss bei dieser Komposition vor Augen stand: die Schweizer Alpen. Denn am unteren Bildrand sprießen die Blumen hervor, anstelle von Blüten Geldscheine. „Steueroase“ ist nur eines der Werke, die gekonnt Natur, Fantasie und einen Schuss politisch-gesellschaftliche Stellungnahme miteinander verweben. Jede der dargestellten Oasen hat einen Widerhaken.

In „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ strebt eine Sepia-Blume gen Himmel, umrahmt von steinernen Mauern, die der gefangenen Gestalt noch nicht einmal Platz zum Hinlegen bieten. Gleichzeitig ist dieses offensichtlich dunkle Loch taghell ausgeleuchtet. Die beiden Räume der Ausstellung durchmaß der ein oder andere Besucher mehr als einmal, zu viel gibt es erst auf den zweiten Blick in den Bildern zu erkennen.

Geigen finden sich in vielen der Kunstwerke. „Die Geigen wachsen auf den Bäumen, sagt man ja“, erklärt die Künstlerin dieses Stilmerkmal, welches ihr Ausdruck für Fantasie ist. Schwarz-weiße Gestalten erklimmen in „Traumpfad“ eine romantische Flusskulisse, gesäumt von Finger-Pflanzen und einem Weg voller Geigen. In die selbe Richtung gehen die Tuschezeichnungen „Kopfbiotope“ und die eindrucksvoll düsteren „Die Rückseite des Mondes“-Bilder.

Doch auch tagesaktuelle Geschehnisse werden verarbeitet. In „Porte Maillot (Paris)“ wird ein Flüchtling porträtiert, der vor einem Zaun in einem Feld aus Müll sitzt. Mitten unter dem Sammelsurium auf dem Boden: eine Ausgabe der Satirezeitung „Charlie Hebdo“. „Unerwünschte Naturfreunde am Dungkopf“ geizt nicht mit Eindeutigkeit.

Aus einer hohlen Baumwurzel recken Neonazis ihre Bierflaschen gegen ein Mond, der das Porträt Adolf Hitlers enthält. Passend dazu präsentierte Wichmann ihre politischen Gedichte, die sich mit dem US-amerikanischen Wahlkampf beschäftigen, die Flüchtlingspolitik Angela Merkels aufgreifen, aber auch gesellschaftliche Phänomene wie Smartphones kommentieren.

Daneben versuchte sie sich in „Der rechte Weg“ an einem irischen Segensspruch und in „Gesund alt“ führte sie aus, welches Gut eine Gesundheit auch im Alter ist. Das passende Bild dazu war „Wassernixerich“, die Darstellung eines Wassermannes im besten Alter, mit nacktem Hintern und bewusst tiefsitzendem Schwanz. Neben politischer Ansage, fantastischen Gebilden und Reflexionen über den Menschen dürfen im Werk von Harss auch diese humoristischen Seitenhiebe nicht fehlen.

Die Ausstellung geht noch bis zum 30. Oktober.

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