Kunst in der Ahrweiler Synagoge Nebelschwaden und leuchtende Wingerte

AHRWEILER · Matthias Bertram und Bernd Schreiner bilden auf vielfältige Art die Weinkulturlandschaft Ahrtal ab.

 Ausstellung in der ehemaligen Synagoge von Ahrweiler: Matthias Bertram (links) und Bernd Schreiner.

Ausstellung in der ehemaligen Synagoge von Ahrweiler: Matthias Bertram (links) und Bernd Schreiner.

Foto: Martin Gausmann

. Draußen bildete sich Dunst nach dem Sommerregen, der auf den erhitzten Straßenbelag gefallen war. Drinnen war Nebel in vielen Formen sichtbar: immer wieder auf den Fotografien von Bernd Schreiner und unter anderem auch als Räuchernebel am Rebenhang auf einem Gemälde von Matthias Bertram. Die beiden gebürtigen Dernauer stellten parallel und nach eigenen Angaben ergänzend zum Pfingstweinmarkt in der ehemaligen Ahrweiler Synagoge aus und widmeten sich dabei gemäß dem Titel der Schau der „Weinkulturlandschaft Ahrtal“.

Geradezu dramatisch präsentierten sich diese auf den überwiegend Schwarz-Weiß-Aufnahmen Schreiners. Bedrohlich tief hingen darauf Wolken zwischen Marienthal und Walporzheim, Nebelschleier zerrissen über dem Hubachtal, und weiße Wattezungen überdeckten die Ahr. „Nebel macht ein Bild einzigartig“, sagt der Maschinenbauingenieur im Ruhestand. So sehe diese Szene nie wieder jemand. Seine Fotografien fangen Wetter- und Lichtstimmungen ein und waren unter anderem auf Leinwand sowie hinter Acrylglas zu bestaunen. Nebel verhüllte und enthüllte und legte markante Landmarken frei oder setzte sonst leicht zu übersehende Bäume oder Baumgruppen sowie Felsen, Berghänge oder Bauwerke spektakulär in Szene. Sonnenstrahlen und Schattenwürfe sorgten für Tiefeneffekte, und das „Protokoll eines Foto-Morgens am Ahrweiler Silberberg“ zeigte in acht von ursprünglich 154 Aufnahmen vom November 2015, wie sich eine Landschaftsansicht bei Sonnenaufgang binnen 134 Minuten verändert.

Den Schwarz-Weiß-Panoramen setzte Schreiner bei der Ausstellung einige Arbeiten zum Thema Struktur und Farbe entgegen, in denen er die Leuchtkraft des Herbstes in den Weinbergslagen einfing oder auch die Farbigkeit der Beeren der einer einzelnen Traube hervorbrachte. Ganz nah an die Trockenmauern an Wingerten ist er zudem für seine Serie „Stein-Reich“ gegangen. Farbmuster, Einlagerungen, Ausblühungen, Einschlüsse und Risse im Stein ließen Gestalten und Gesichter, Baum, Blütenkelch oder eine Kerze erkennen und manche Ausstellungsbesucher angeregt über die Farbfotos und den Blick des Fotografen reden.

Ausnehmend vielfältig präsentierten sich die Exponate von Matthais Bertram. Beim Eintritt in die Synagoge fiel der Blick schnell auf eine großformatige Weinkeller-Abbildung, auf der die ehemalige Deutsche Weinkönigin Julia Bertram aus Dernau, kess mit einem Korken zwischen den Zähnen, ein Weinglas füllt. Ebenfalls aus Acryl bannte Bertram Winzer im Weinberg oder die „Bunte Kuh“. Linoldrucke zeigten sattgelbe Rapsfelder bei Dernau und Rheinbach, Radierungen Terrassen bei Walporzheim oder die Laubarbeit im Weinberg. Genauso wie den Dernauer Ortskern um 1925 hat der lange im Ausland tätige und seit seinem Ruhestand in Ahrweiler lebende Ingenieur im Bereich Wasser- und Energieversorgung das historische Walporzheim mit der früheren Pfahljochbrücke mit großer Detailtreue und feinem Strich als colorierte Tuschezeichnung abgebildet.

Als Vorlage nutzt er manchmal auch Fotos oder einen Druck von Jean Nicolas Ponsart. Besonders farbstark sind seine Aquarelle, in denen der sich mehr gestalterische Freiheit herausnimmt. Mehrere Ansichten von Weinbergsterrassen lässt er leuchten. Mit Abbildungen des Hauses Heymann an der Ahrweiler Niederhutstraße und mit einer Collage wies die Schau zudem einen Bezug zu ihrem Schauplatz, der Synagoge, auf, denn die aus Dernau stammende und später in Ahrweiler lebende Familie Heymann war jüdischen Glaubens.

Ihr und der Geschichte des Ahrtals gilt auch Bertrams Interesse als Autor. So sprach er in einem Vortrag begleitend zur Ausstellung über die Rolle jüdischer Bürger im Weinbau und Weinhandel im Ahrtal und über sein im Sommer erscheinendes Buch, in dem er rheinische Juden aus ihrem Leben erzählen lässt.

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