Nur eine "Schlacht" hat ARA verloren Mit Bürgersinn durch die Zeit

Im Vorfeld der Bewerbung um die Landesgartenschau (Laga) 2022 gab es jüngst Überlegungen, ein „Abseilen vom Turm“ des Ahrtors zu ermöglichen. Eine Idee, die nicht überall auf Gegenliebe gestoßen ist. Ortsvorsteher Peter Diewald stand mit seiner Meinung nicht allein: Klettermaxen sind bei der Laga weder am Ahrtor noch am Kirchturm willkommen. Die Deutlichkeit der Ansage, wie auch die Spontanität erinnern an Ereignisse in der Vergangenheit, bei denen der Ahrweiler Bürgerwille immer eine bedeutende Rolle gespielt hat. Als Synonym dafür stehen drei Buchstaben. Der GA hat in seinem Archiv nachgeschlagen · Es gibt Leute, die glauben, dass es ARA gar nicht gibt. ARA steht für „Ahrweiler rettet Ahrweiler“, wobei das erste A durchaus auch schon für Aktion stand. Je nach Bedarf. Dass etwas nicht existiert, nur weil man nichts davon hört oder sieht, ist jedoch wie das Leugnen von Luft.

 Der Fahnenstreit 1985 gesehen von dem Ahrweiler Karikaturisten Kurt Müller. Der Kämpe hoch zu Ross mit dem Fehdehandschuh war dem Bürgermeister wie aus dem Gesicht geschnitten. GA

Der Fahnenstreit 1985 gesehen von dem Ahrweiler Karikaturisten Kurt Müller. Der Kämpe hoch zu Ross mit dem Fehdehandschuh war dem Bürgermeister wie aus dem Gesicht geschnitten. GA

Foto: Günther Schmitt

Die hört man bei Sturm ganz gewaltig. So ist's auch bei ARA. Die „Retter“, die nur eint, dass sie Ahrweiler sind, geben nur laut, wenn's für sie pressiert. Aber dann gewaltig, wie ein Blick in die jüngere Vergangenheit zeigt.

So, als 1985 ein Bürgermeister den Verkauf der alten Ahrweiler Stadtfahne mit dem historischen Wappen verbieten wollte. Begründung: Dazu hätte er laut Gemeindeordnung das Recht, denn das Wappen sei hoheitlich geschützt (Aktenzeichen 1-0220-2 vom 16. April 1985). Der Stadtchef hatte die Rechnung ohne ARA gemacht: Er musste einknicken, denn ARA fuhr von Flugblättern über Protestaktionen bis zu Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages (das historische Wappen war nicht geschützt) und spontaner, nächtlicher „kleinkarierter Beflaggung des Rathauses“ ihr ganzes Arsenal auf. Krönung war die öffentliche Aufforderung mit Plakaten: „Ahrweiler wehrt euch. Schließt die Stadttore. Besetzt die Wehrgänge.“

Und ARA hatte Unterstützung aus Bonn. Denn es war die Bonner Fahnenfabrik, in der Überstunden gemacht wurden, um den Bedarf an Fahnennachschub für Ahrweiler zu decken. Denn für die verbotene Fahne stand die ganze Altstadt Schlange, um an den Häusern Flagge zu zeigen. Gerade deshalb, weil der Stadtchef jedem mit Anzeige gedroht hatte, der selbige öffentlich zeigt. Da standen die Justiziare der Fahnenfabrik „Gewehr bei Fuß“. Übrigens: Die Fahnen mit dem Ahrweiler Wappen hängen heute noch und bei den Hochfesten der alten Kreisstadt auf Anordnung des einst verbietenden Rathauses sogar auf den Stadttoren.

1995 sollte der Leitspruch „Gott schütze Ahrweiler“ auf Wunsch eines neue Stadtchefs aus der 1967 von Leo Schmitz-Both der Stadt Ahrweiler gestifteten Bürgermeisterkette verschwinden. Pustekuchen. Dem Mann aus dem Rathaus, der schon eine Goldschmiedin beauftragt hatte, wurde ein Riegel vorgeschoben: „Hände weg vom Ahrweiler Kulturgut“, wetterte ARA, der der Auftrag an die Goldschmiedin, „die bei der ganzen Sache Bauchschmerzen hatte“, nicht verborgen geblieben war.

Weil der Stadtchef aber partout eine neue Kette haben wollte, durfte er sie sich selbst bestellen (bei einem nicht aus Ahrweiler stammenden Goldschmied) und aus seiner Privatschatulle bezahlen. So hatte es ihm der Stadtrat, nachdem die Pläne öffentlich geworden waren, deutlich nahegelegt. In Ahrweiler getragen hat er seine „Neue“ nie.

Denn dort hat laut Einigungsvertrag der Städte Ahrweiler und Bad Neuenahr von 1969 nur die alte Kette Gültigkeit. Auch das hatte ARA ausgegraben.

2005, also wieder genau zehn Jahre später, sollte es dem Ahrweiler Schwimmbad ans Leder gehen. Natürlich unter neuem Bürgermeister, der sich prompt mit ARA konfrontiert sah. Vom Sportbad mussten sich die Ahrweiler zwar verabschieden, doch der Widerstand rettete, was noch zu retten war. Das Schwimmbad gibt's heute noch, wenn auch mit kleinerem Becken. Und wer dort schwimmt, summt leise vor sich hin: „Wir sind ARA.“ Da können die einstimmen, die dann nur neun Jahre später – ARA war aus dem Zehn-Jahres-Takt gekommen – die alte Ahrweiler Jugendherberge als Kulturgut vor dem Abriss bewahrt hatten.

Nur eine Schlacht hat ARA verloren, im Vorfeld der kommunalen Gebietsreform 1969. Damals verkündete Ministerpräsident Helmut Kohl im Zunfthaussaal: „Diese Stadt wird künftig Ahrweiler-Bad Neuenahr heißen.“ Darauf hat sich ARA verlassen und nicht mit einem Konter aus dem Heilbad gerechnet. Denn eine Delegation der Badestadt wurde in der Mainzer Staatskanzlei vorstellig und setzte Bad Neuenahr-Ahrweiler durch. Begründung: „Ein Weltbad wie Neuenahr wird im Telefonbuch unter B wie Bad gesucht und nicht unter A wie arm dran.“ Tage später kam der Ukas aus Mainz. Das Ergebnis steht heute auf jedem Stadtschild.

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