200 Jahre Kreis Ahrweiler Landräte, die nicht vergessen sind

KREIS AHRWEILER · Erich Klausener wurde von der SS ermordet und Joachim Weiler setzte ein Zeichen als ein Kämpfer für die Region.

 Erich Klausener bei einer katholischen Kundgebung in Berlin. GA/ARCHIV

Erich Klausener bei einer katholischen Kundgebung in Berlin. GA/ARCHIV

Foto: GA

Der Kreis feiert 200. Geburtstag. Landräte kamen und gingen. Doch zwei von ihnen stachen in der langen Liste der Kreischefs in diesen 200 Jahren hervor. Grund an sie zu erinnern. Erich Klausener (Jahrgang 1885) war von 1917 bis 1919 Landrat in Adenau. 1934 wurde er in Berlin ermordet. Joachim Weiler starb im Alter von nur 52 Jahren am 30. September 1999 in seinem elften Jahr als Landrat.

„Suchen Sie Klausener und erschießen Sie ihn.“ Sieben Worte von Reinhard Heydrich bedeuteten am 30. Juni 1934 das Todesurteil für Erich Klausener, einer der führenden Köpfe des katholischen Widerstandes im Dritten Reich. Er war Vertrauter von Vize-Kanzler Franz von Papen. Heute erinnert ein Bild im Ahrweiler Kreishaus an den Mann, der im Zuge des sogenannten Röhm-Putsches von einem SS-Schergen gemeuchelt wurde, in seinem Dienstzimmer im Berliner Verkehrsministerium, sechs Tage nach seiner letzten Rede vor der Katholischen Aktion im Hoppegarten.

Sein Mörder war der SS-Hauptsturmführer Kurt Gildisch. Ihm gab der Chef des Reichssicherheitshauptamtes am 30. Juni 1934 um 10 Uhr den verhängnisvollen Befehl. Was dann geschah, hat der französische Historiker Max Gallo in seinem Buch „La nuit des longs couteaux“ (Die Nacht der langen Messer) rekonstruiert:

13 Uhr: Vor dem Verkehrsministerium fragt SS-Hauptsturmführer Gildisch nach Ministerialdirektor Klausener. Langsam steigt Gildisch die Treppe hinauf und begegnet Klausener, der sich soeben die Hände gewaschen hat. Klausener sieht Gildisch und erkennt zweifellos sofort die Bedrohung. Einen Stock höher, im Büro des Ministerialdirigenten Othmar Fessler, läutet das Telefon. Es ist Klausener, seine Stimme klingt ängstlich: „Kommen Sie bitte sofort zu mir.“ Fessler verlässt etwas erstaunt sein Büro, aber es ist schon zu spät. Gildisch ist in das Zimmer von Klausener getreten, und als Klausener sich, erstaunt darüber, verhaftet zu sein, umwendet, um seinen Hut zu nehmen, schießt Gildisch. Ein Schuss in den Kopf. Dann ergreift er das Telefon, erstattet kurz Bericht und bittet um weitere Befehle. Selbstmord vortäuschen. Also drückt er Klausener seine Pistole in die Hand. Gildisch verlässt den Raum.

Zeitsprung: Beinahe wäre der Mord an Klausener ungesühnt geblieben. Das Dritte Reich war schon vier Jahre Geschichte, als 1949 dem damals 45-jährigen Gildisch seine Prahlerei zum Verhängnis wurde. Am 18. Mai 1953 wurde er vom Schwurgericht Berlin wegen Mordes an Klausener zu einer Zuchthausstrafe von 15 Jahren verurteilt. Er starb noch im selben Jahr.

Der Mörder wurde vergessen, Klausener nicht. Die Adenauer sind immer noch stolz auf ihren Landrat. Zu Ehren Klauseners gab die Deutsche Bundespost eine Briefmarke heraus, dito die Post der späteren DDR. Die Stadt Berlin erinnert an Klausener mit Gedenktafeln in Tempelhof-Schöneberg sowie im Bezirk Mitte. Auch haben etliche Städte in Deutschland Straßen, Plätze oder, wie Adenau, Schulen nach Klausener benannt.

Als Kämpfer für die Region ist Joachim Weiler in die Geschichte des Kreises eingegangen. Er war der letzte Landrat, der durch den Kreistag gewählt wurde und trat 1988 sein Amt im Ahrweiler Kreishaus an. Nur ein Jahr später begann mit der Maueröffnung der Zerfall des Ostblocks, mit der Wiedervereinigung der Streit um den Regierungssitz. Im Schulterschluss mit Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis trat Weiler für die Region ein, zeigte mit Bundespolitikern aller Parteien auf dem Ahrweiler Marktplatz Flagge unter dem Motto „AW für Bonn“.

Bausteine seines schier unermüdlichen Engagements waren die Gesundheits- und Fitnessregion Kreis Ahrweiler, der Tourismus, die Wirtschaftsförderung, die Investitionen des Kreises in Kindergärten und Schulen und die Ausrichtung des Kreishauses zum Dienstleistungszentrum. „Er war menschlich zu anderen und hart zu sich selbst,“ sagte seine Vertreterin, Ingrid Näkel-Surges, nach Weilers plötzlichem Tod am 30. September 1999. „Er war leidenschaftlich gern Landrat, Landrat mit Leib und Seele, ein Glücksgriff für den Kreis Ahrweiler“, würdigte ihn Näkel-Surges. Weiler konnte zuhören und zupacken, ging auf die Menschen zu und liebte seinen Kreis Ahrweiler, was er manchmal humorvoll mit „Ich bin der Weiler aus Ahrweiler“ unterstrich. Joachim Weiler war – die 14 Landräte des ehemaligen Kreises Adenau hinzugerechnet – der 30. Landrat im Kreis Ahrweiler. An ihn erinnert vor dem Ahrweiler Bahnhof der Landrat-Joachim-Weiler-Platz.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort