Kommentar Keine Perspektive

BAD NEUENAHR · Eigentlich tagte die Hauptversammlung der Kur AG vier Wochen zu früh. Zwar bot sie den vielen Einzelaktionären ausreichend Plattform, Vorstand und Aufsichtsrat kräftig die Meinung zu geigen. Aber zum Rütli-Schwur kommt es erst am 30. September.

Bis dahin muss die Kreisstadt nämlich entscheiden, ob sie der Kur AG die hochdefizitären Ahr-Thermen abkauft. Macht sie es nicht, ist die Liquidität des dramatisch angeschlagenen Unternehmens nicht mehr gewährleistet.

Von Insolvenz wird bei den Aktionären gesprochen, von "Bockmist", der gebaut wurde. Bürgermeister Guido Orthen bescheinigte der Kur AG, in dessen Aufsichtsrat und somit oberstem Kontrollgremium er bekanntlich selbst sitzt, "Fehlleistungen" und "große Managementfehler" und machte damit deutlich, wie wenig er selbst mit dem 27,4-Prozent-Anteil, den die Stadt hält, bewirken kann.

Wäre es alleine nach den Bad Neuenahrer Aktionären gegangen, wären Aufsichtsrat und Vorstand gestern niemals entlastet worden. Schon fast skandalös dürfte eine Neuigkeit sein, die am Rande zu Tage gefördert wurde: Seit Jahrzehnten bezahlt die Spielbank keinen Cent an Pacht an die Kur AG. Die eigentlich jährlich anfallenden 250.000 Euro sind stattdessen Bestandteil der Spielbankabgabe.

Die jedoch ist ohne Wenn und Aber klar zweckgebunden und darf nur zur Förderung des Fremdenverkehrs und des Kurwesens gezahlt und vereinnahmt werden. Nicht aber als verkappte Pachtzahlung. Vielleicht äußert sich das Land bei Gelegenheit mal dazu. Was auch nach der Hauptversammlung bleibt, ist die völlige Orientierungslosigkeit und die mangelnde Perspektive.

Die "Kur" AG wird vermutlich zu einer kleinen Immobiliengesellschaft mutieren, die nur noch ein Parkhaus und ein Altenheim verwaltet. Alles andere - auch die maroden Ahr-Thermen - muss die Stadt übernehmen, wenn sie weiter Kur- und Heilbadstadt bleiben möchte.

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