Gesundheit im Kreis Ahrweiler Karate kontra Krebs

KREIS AHRWEILER · Krebspatienten sollen mit Sport der Krankheit den Kampf ansagen. Auch in der Reha-Phase trägen Karate, Joga und Co zur Heilung bei. Reha-Expertin Michaela Buhl vom TuS Ahrweiler: Frühe Aktivierung der Patientinnen durch Sport ist in der Krebsnachsorge immens wichtig.

 Möchten Frauen zu Rehasport in der Krebsnachsorge motivieren: (von links) Michaela Peters, Michaela Buhr, Annelotte Traub und Anne Lenhard-Posen.

Möchten Frauen zu Rehasport in der Krebsnachsorge motivieren: (von links) Michaela Peters, Michaela Buhr, Annelotte Traub und Anne Lenhard-Posen.

Foto: Martin Gausmann

Wut, Trauer, Angst, Verzweiflung, Ohnmacht: Die Diagnose Krebs setzt viele Gefühle frei. Die einen würden ihm gerne ein Schnippchen schlagen, die anderen ihm mal so richtig eins aufs Maul hauen. Eine Krebserkrankung zu überstehen bedeutet, um sein Leben zu kämpfen. Warum also nicht Chemo, Bestrahlung und OP den Kampfsport Karate zur Seite stellen? Mit Fäusten und Füßen sich wieder ins Leben zurückboxen, als Sieger hervorgehen?

Herz, Kreislauf und Muskulatur stärken, Spaß unter Gleichgesinnten haben, Gleichgewicht und Koordination steigern, die Beweglichkeit verbessern, das Selbstwertgefühl steigern, den Körper wieder wahrnehmen und den inneren Druck abbauen: Das alles sind Vorteile, die die Rehasport-Übungsleiterin in der Krebsnachsorge, Michaela Buhl vom TuS Ahrweiler, in dem Angebot „Gesundheitskarate für Krebspatientinnen“ für U 60 und Ü 60 sieht.

Fit werden als Krebsnachsorge

„Die jahrhundertealte Kampfkunst der Selbstverteidigung greift bei diesem speziellen Angebot den Kampf um den vollständigen Wiedereinstieg in das Leben auf. Karate dient in diesem Fall als Kraftquelle für Körper und Geist“, so die Trägerin des schwarzen Gürtels, die auch examinierte Krankenschwester und Rehasport-Expertin im Bereich Onkologie ist.

Mit ihren Kolleginnen Annelotte Traub von der Remagener SportAkademie RheinAhr (Sara) und Michaela Peters aus Oberdürenbach, Psychoonkologin und Nordic-Walking-Trainerin, liegt ihr eines am Herzen: die betroffenen Frauen früh zu aktivieren. Immer wieder hören die erfahrenen Übungsleiterinnen die Kommentare „Ich muss erst wieder fit werden“, weil viele Frauen nicht wissen, was genau sich hinter der Verordnung „Rehasport in der Krebsnachsorge“ verbirgt.

„Die meisten“, so weiß Traub, „nehmen viel zu spät das Angebot der Ärzte an. So geht im Kampf gegen den Krebs immens wichtige Zeit verloren.“ Mit ihren Mitstreiterinnen Buhl und Peters versucht sie, den Betroffenen die Angst, in den Kursstunden nicht mithalten zu können, zu nehmen.

„Wir holen die Frauen zwischen 35 und 92 Jahren da ab, wo sie stehen, und gehen gezielt auf die Leistungsfähigkeit der Teilnehmerinnen ein. Keiner muss mit aller Gewalt durchhalten, wir sind nicht leistungsorientiert, und Pausen sind erlaubt“, betont Peters. Ihr Steckenpferd ist das Nordic-Walking-Training, das Bewegen an der frischen Luft bei Wind und Wetter: „Loslegen gegen Nebenwirkungen“ richtet sich an Frauen während und nach der Krebstherapie. Kaum angeboten, war ihr Kursus in Kooperation mit dem Brustzentrum des Bad Neuenahrer Krankenhauses schon ausgebucht.

Bewegung und Sport als Leben verlängernd

Mit jeweils 16 Frauen sind auch Traubs Kurse, die in Remagen eine eineinhalbstündige Mischung aus Yoga, Pilates, Gymnastik und Qigong mit abschließenden Entspannungsübungen anbietet, voll. Und trotzdem: „Vielen ist immer noch nicht klar, dass Rehasport schon während der Chemo und Bestrahlung sinnvoll ist und hilft, den gefürchteten Fatigue, also den Müdigkeits- und Erschöpfungszustand, zu überlisten. Bewegung und Sport, und das beweisen auch seriöse Studien, können sich auf Krebspatienten lebensverlängernd auswirken.“

Hinzu komme, und das bestätigte in dem Gespräch auch die Betroffene Anne Lenhard-Posen aus der Grafschaft, dass das Zusammensein in der Gruppe, das Sich-Austauschen, über Ängste zu reden und dadurch Depressionen vorbeugen zu können, ein weiterer positiver Aspekt ist. Sie hat bei Buhl eine Schnupperstunde absolviert und zieht seitdem die weichen Karate-Schlagpolster an: „So kann ich, mal langsam, mal druckvoll, Dampf ablassen, vielleicht auch mal einen Boxsack vermöbeln. Pausiere ich ein paar Wochen, kommen Symptome wie Hitzewallungen gleich wieder.“

Eine ärztliche Verordnung umfasst 50 Stunden in 18 Monaten. Sie erstreckt sich bewusst über den langen Zeitraum, um dem Körper Zeit zu geben. Traubs Erfahrung sagt, dass nur die Hälfte der Frauen, die eine Verordnung erhalten haben, in den Rehasport-Kursus kommt, um fit zu werden. Kontraproduktiv für Rehasport, aber darüber entscheidet der Arzt ohnehin, wären beispielsweise ein extrem instabiles Immunsystem, frische Operationsnarben oder ein Lymphödem. „Für an Krebs erkrankte Männer wäre die Bewegung ebenso sinnvoll, aber ihre Hemmschwelle ist zu hoch. Unter Frauen, die oft auch den gedanklichen Austausch schätzen, fühlen sie sich erfahrungsgemäß nicht wohl“, weiß Traub.

Weitere Infos bei: Annelotte Traub, 0 26 42/4 21 21, Michaela Buhl,0 26 42/9 74 23 18, und Michaela Peters,0 26 55/24 12

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