Freiwilligendienst im Ausland Junge Neuenahrerin wird Missionarin auf Zeit

BAD NEUENAHR · Pia Stahl hat gerade ihr Abitur auf dem Ahrweiler Calvarienberg gemacht, doch bevor sie studiert, arbeitet die 19-Jährige ein Jahr lang in Tansania an einer Schule für behinderte Kinder. Das Projekt heißt "Missionar auf Zeit".

 Mit Reiseführer, Gitarre und Bibel: Pia Stahl packt ihren Koffer für den einjährigen Aufenthalt in Tansania.

Mit Reiseführer, Gitarre und Bibel: Pia Stahl packt ihren Koffer für den einjährigen Aufenthalt in Tansania.

Foto: Privat

Es ist ein guter Plan. Pia Stahl aus Bad Neuenahr, die gerade ihr Abitur auf dem Ahrweiler Calvarienberg gemacht hat, möchte Theologie in Freiburg studieren. Doch zunächst macht sich die 19-Jährige kommende Woche auf, um ein Jahr bei den Pallottinerinnen in Tansania zu verbringen – als „MaZ“, Missionarin auf Zeit.

Die Reise in das kleine Dorf Siuyu in der ostafrikanischen Region Singida wird wohl auch eine Reise zu sich selbst. Ein spannendes Abenteuer, um eine andere Kultur zu erleben, Vorurteile abzubauen, zwischen Englisch und Swahili zu wechseln und im Notfall Hände und Füße zur Kommunikation einzusetzen. „Ich möchte Brücken bauen, mit den 25 jungen Ordensschwestern leben und mit geistig und körperlich behinderten Kindern und Jugendlichen arbeiten“, so Stahl im GA-Gespräch. Und fügt souverän hinzu: „Das ist mein Jahr. Das möchte ich für mich machen, daher will ich auch keinen Besuch von zu Hause. Ich mache mir nicht viele Sorgen, bin offen und lasse alles auf mich zukommen.“

Freunde und Familie finanzieren den Aufenthalt mit

Planlos stürzt sie sich nicht ins Abenteuer Leben. Das würde der Internationale Freiwilligendienst „MaZ“ auch nicht zulassen. Elf junge Frauen aus ganz Deutschland schickt er nach Bolivien, Ruanda, Tansania, Indien und auf die Philippinen. Das Projekt wird finanziert und unterstützt vom Programm „weltwärts“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit, den Pallottinerinnen und dem Solidaritätskreis, den sich jede Teilnehmerin selbst aufbauen muss.

Familie und Freunde sollen dabei sowohl ideell während des Einsatzes unterstützen als auch finanziell (E-Mail: piastahl98@gmail.com). Im Gegenzug verpflichten sich die Teilnehmer, regelmäßig Rundbriefe zu versenden und die Erfahrungen im Einsatzland weiterzugeben. Das hat auch Pias Schwester Annamaria getan, die 2012 als „MaZ“ ein Jahr bei den brasilianischen Indios verbrachte.

Schon im Frühjahr 2016 hat sich Pia Stahl um den Platz beworben, im November gab es in Friedberg ein Orientierungsseminar. „Passen wir ins Programm, schaffen wir das von unserem Typ her? Steht bei unserer Intention das miteinander Leben und Lernen im Mittelpunkt?“, nennt sie Fragen, nach denen sich Projektmitarbeiter die Interessenten anschauen. „Ich wollte ursprünglich nach Bolivien, doch als ich erzählte, dass ich schon ein Praktikum in einer Förderschule gemacht habe, war das 'Siuyu Rehabilitation Centre' als Schule für geistig und körperlich Behinderte für mich als Einsatzort wohl gesetzt“, so die 19-Jährige.

Heimweh ist normal - besonders nach Hund Timmi

In Tansania leben 40 Prozent Christen und 40 Prozent Muslime. Die Lebenserwartung liegt bei 50 Jahren, weil das Land eine hohe Sterblichkeitsrate wegen der Armut und der hohen Verbreitung von Aids und Malaria hat. 44 Prozent der Menschen sind unter 15 Jahren alt. Begleitet in das an Ruanda grenzende Land wird Stahl von einer Gleichaltrigen aus Bayern, die sie am 18. August am Amsterdamer Flughafen trifft. Gemeinsam fliegen sie neun Stunden nach Ostafrika.

Anfang des Jahres durchliefen sie konkrete Vorbereitungsseminare mit Sprachentest, in denen Ex-Missionare auf Zeit Vorträge halten, über ihre Erfahrungen berichten, beim Verfassen des Solidaritätsbriefes helfen, aber auch übers Heimweh sprechen, das jeden in dem Jahr packt – den einen mehr, den anderen weniger. „Das ist auch normal und gehört dazu“, weiß Pia Stahl, die einräumt, einen ganz besonders zu vermissen: ihren Hund Timmi.

Nach einem Briefing mit einem Tropenarzt, der die Impfpässe kontrolliert, folgte das letzte Seminar mit einem Aussendungsgottesdienst. Nun heißt es Koffer packen. Stahl darf neben dem Handgepäck 46 Kilo zusammenstellen. Der Tansania-Reiseführer und die Landesflagge, die ihr die Familie zum 19. Geburtstag schenkten, ihre Bibel, aber auch die Gitarre, Familienfotos und der Laptop sind dabei. Praktische Dinge wie Insektenspray, Schmerztabletten und die Swahili-CD, mit der sie seit Monaten die schwierige Sprache paukt, auch.

Leben mit den Ordensschwestern in Afrika

Wenn die Bad Neuenahrerin in dem kleinen Dorf angekommen ist, das aus zwei Schulen, dem Ordensgebäude und ein paar Häusern besteht, wird sie die behinderten Menschen in die Schule begleiten und den Unterricht mitgestalten. Sie hilft bei Bewegungstherapien und arbeitet mit in der Bibliothek der Secondary School, der weiterführenden Schule, die auch Inklusionsklassen hat.

Sie kocht und isst bei den Ordensschwestern, lebt mit ihrer bayerischen Mitstreiterin in einer Wohnung auf dem Schulgelände. „Da gibt es wohl eine europäische Toilette mit Wasserspülung und eine afrikanische. Da ist dann wohl eine Grube im Boden“, meint Pia Stahl und lacht. Sie überschlägt sich förmlich beim Reden, scheint hoch motiviert, das Beste aus dem Jahr zu machen und sich selbst finden zu wollen. Eines sieht der Plan nämlich nicht vor: in ein Loch zu fallen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort