Aktiengesellschaft Bad Neuenahr (AGBN) Insolvenzverwalter Jens Lieser über die Zukunft

BAD NEUENAHR · Jens Lieser, Insolvenzverwalter der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr (AGBN), kündigte am Donnerstag in einem Gespräch mit dem GA an, Verhandlungen mit möglichen chinesischen Investoren führen zu wollen, wenn ihn der Gläubigerausschuss dazu ermächtige.

„Wir können noch nicht sagen, wohin die Reise geht“, sagte er. Zum jetzigen Zeitpunkt gehe er davon aus, dass die Forderungen der Gläubiger befriedigt werden können. Bereits in seinem dem Amtsgericht vorgelegten Insolvenzbericht hatte der Koblenzer Rechtsanwalt ausgeführt, dass er die Sanierung der in Insolvenz geratenen Bad Neuenahrer Traditionsunternehmung „für aussichtsreich“ halte.

Eine Überschuldung bestehe nicht. Bis zum Jahresende, so Liesers Hoffnung, werde „das Thema AGBN“ möglicherweise „erledigt sein“. Er bestätigte, dass es zumindest ein Angebot chinesischer Investoren gebe. Dieses sei jedoch noch wenig konkret. „Wir werden mit den Chinesen sprechen, wenn die Zeit dazu reif ist“, sagte Lieser, der hinzufügte: „Unsere Aufgabe und unser Ziel ist es, eine bestmögliche Verwertung zu erzielen.“

Noch geprüft werde, inwieweit es Rückforderungen der Aktiengesellschaft durch die Vermietung von Räumen an die Spielbank Bad Neuenahr gebe. Wie berichtet besteht der Verdacht, dass die Räume erheblich unter marktüblichen Bedingungen vermietet wurden. Angeblich soll der AGBN so ein Schaden von 5,5 Millionen Euro entstanden sein. Auch die möglicherweise dem Kreis Ahrweiler zu viel gezahlte Spielbankabgabe – immerhin 1,9 Millionen Euro – steht noch im Raum. Lieser: „Diesbezügliche Prozesse laufen.“

Verstöße Reinickes nachgewiesen

Bis voraussichtlich Mitte Mai werde sich der in der Insolvenzverwaltung entscheidende Gläubigerausschuss mit der allgemeinen aktuellen Lage des Unternehmens auseinandersetzen und dann weitere Weichen stellen. Dem Ausschuss gehören der Pensions-Sicherungs-Verein, die Bundesagentur für Arbeit, Arbeitnehmervertreterin Dagmar Novak, der Bad Neuenahrer Kaufmann Ralph Orth, die Kreissparkasse, die Stadt sowie die „Interessengemeinschaft von Aktionären der AGBN GbR“ an.

„Bisher herrscht dort großes Einvernehmen, es gibt keine kontroversen Auseinandersetzungen“, berichtete der Insolvenzverwalter. So sei die Entlassung des bisherigen AGBN-Chefs Christoph Reinicke mit Einmütigkeit beschlossen worden. Der Gläubigerausschuss habe kein Vertrauen in dessen Fähigkeiten gehabt, das Unternehmen erfolgreich zu sanieren. Der Kieler Kaufmann habe Zahlen „schön gerechnet“, eine „worst-case-Planung“ habe es nicht gegeben. Völlig richtig indes sei gewesen, sich vom Dauerverlustbringer „Ahr-Thermen“ zu trennen.

Ein unabhängiger Gutachter habe zudem zahlreiche Verstöße Reinickes gegen eine ordentliche Geschäftsführung nachgewiesen, so dass eine fristlose Kündigung folgerichtig gewesen sei. Reinicke hingegen wies per Anwalt alle Vorwürfe zurück und listete in 21 Punkten auf, warum die Kündigungsgründe nicht haltbar seien. Was Reinickes Rausschmiss anbetrifft, so glaubt Lieser inzwischen nicht mehr, dass eine außergerichtliche Einigung möglich ist.

Vergiftetes Verhältnis

Wie vergiftet das Verhältnis zwischen dem Vorstand der AG und dem Insolvenzverwalter ist, macht dem GA vorliegende Korrespondenz deutlich. Lieser forderte Reinicke auf, von der Position des Vorstands unverzüglich zurückzutreten. Reinicke hatte zuvor den Insolvenzverwalter gebeten, den kommissarisch eingesetzten AGBN-Verwalter Clemens Gaspard abzulösen.

Auch wirft Reinicke Lieser vor, „bedeutsame Handlungen in Form von gravierenden Veränderungen in der Aktiengesellschaft zu planen“. Gemeint sind etwaige Übertragungskonzepte. Dem sei nicht so, widersprach Lieser am Donnerstag. Lieser: Wir haben überhaupt noch keine Konzeption umgesetzt.“ Die Korrespondenz mit Reinicke betrachte er als „ausgeschrieben“.

Derweil war Reinicke jüngst mit einer chinesischen Delegation in Bad Neuenahr unterwegs, die in gesundheitswirtschaftliche Branchen investieren will. Begleitet wird das Unternehmen dabei von der „far eastern consulting“ aus Ludwigshafen.

Lieser steht nach eigenem Bekunden einer AGBN-Ausrichtung auf Gesundheitswirtschaft nicht völlig verschlossen gegenüber. „Das ist ja grundsätzlich ein gutes Konzept. Die Frage ist, wie man es bei der AGBN umsetzen kann.“ Über eigene Fachkräfte, die diesen Geschäftszweig nach vorne bringen könnten, verfüge das Unternehmen nicht.

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