Heimersheim und Bad Neuenahr Gunter Demnig verlegt zwölf Erinnerungsstücke

Kreisstadt · Absolute Stille, niemand spricht ein Wort, störende Autogeräusche werden durch eine spontan eingerichtete Umleitung vermieden. Zu hören sind nur die Hammerschläge des Künstlers Gunter Demnig, der vor dem Haus Wendelstraße 9 in Erinnerung an die 1942 von Nationalsozialisten deportierte Familie Salomon drei Stolpersteine in die Erde einlässt.

 Die ersten drei der zwölf neuen Stolpersteine verlegt Aktionskünstler Gunter Demnig in der Heimersheimer Bachstraße 13, um an die Ermordung der jüdischen Familie Borg zu erinnern.

Die ersten drei der zwölf neuen Stolpersteine verlegt Aktionskünstler Gunter Demnig in der Heimersheimer Bachstraße 13, um an die Ermordung der jüdischen Familie Borg zu erinnern.

Foto: Martin Gausmann

Längst sind diese kleinen, goldenen Quadrate, von denen es europaweit dank der Initiative des Kölners Demnig fast 40 000 gibt, für Bad Neuenahr-Ahrweiler mehr als nur Mahnmale. Mehr als Opfer-Erinnerungsstücke. Sie lassen die Stadt zusammenwachsen, sie fördern bürgerschaftliches Engagement, verbinden Alt und Jung auf ungewohnte Art miteinander.

Die Alten reden, die Jungen hören zu. Geschichte wird plötzlich lebendig und greifbar. Gefunden werden Parallelen zu heute: Das braune Haus in Hemmessen, das für Schlagzeilen in der Republik gesorgt hat. Oder die vielfältigen Formen von Ausgrenzung aufgrund von Herkunft, Äußerlichkeiten oder Behinderungen.

Das Themenjahr 2012 war nur der Beginn eines Prozesses, der sich jetzt in "Stolpersteine II - Mit Courage gegen Ausgrenzung" mit vielfältigen Aktionen auch im kulturellen Bereich fortsetzt. Die Bereitschaft zur Übernahme von Patenschaften in Höhe von 120 Euro ist derart groß, dass viele Paten für die 2014 in Ahrweiler geplante Verlegung vertröstet werden müssen.

In Heimersheim wurden am Mittwoch viele junge Menschen mit auf den Weg genommen. Für die alt eingesessene jüdische Familie Borg, die in der Bachstraße eine Metzgerei betrieb, verlasen Grundschüler der Klasse 4 a die Namen; für die Familie Kahn, die 1942 über das Sammellager Brohl nach Krasnicyn deportiert wurden, Schüler der Ausbildungsstätte GAW.

Der Augenblick, "in dem der Terror ein Gesicht bekommt", ist für Bürgermeister Guido Orthen ein zutiefst bewegender. "Jetzt sind diese Menschen nicht mehr anonym. Die persönlichen Schicksale mitten in unserer Heimat bleiben Verpflichtung für uns", sagt er mit gebrochener Stimme.

Zuvor hatte er mit Landrat Jürgen Pföhler die Mitbürger begrüßt, die der Aktion in großer Zahl beiwohnten: "Respektvoll aufeinander achten, achtsam sein und, wenn nötig, auch Einhalt gebieten: Das ist der Auftrag, zu dem uns die Opfer mahnen!" Auch der Kreis, der acht Patenschaften übernahm, bringt sich für dieses Schlüsselprojekt ein.

Pföhler verpflichtete Demnig zudem als Hauptredner bei der Gedenkfeier am Volkstrauertag. Der Künstler betonte im GA-Gespräch, "dass er selten zwei so gute Reden gehört hätte, die das Thema so dezidiert auf den Punkt gebracht hätten", wie am Morgen von Orthen und Pföhler. Es sei in Bad Neuenahr-Ahrweiler spürbar, dass es für die Bürger mehr als nur ein Projekt sei. Das Engagement setzte sich dann auch gleich am Nachmittag am "Runden Tisch gegen Rechtsradikalismus" fort.

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