Aktiengesellschaft Bad Neuenahr Gläubiger bekommen weniger Geld

BAD NEUENAHR · Die in die Insolvenz geratene Aktiengesellschaft Bad Neuenahr (AGBN) wird ihre Gläubiger nicht vollends befriedigen können.

Die im AGBN-Sitz eingehenden Gläubigerforderungen sind höher als erwartet.

Die im AGBN-Sitz eingehenden Gläubigerforderungen sind höher als erwartet.

Foto: Martin Gausmann

„Die Quote wird voraussichtlich unter einhundert Prozent liegen“, meinte Insolvenzverwalter Jens Lieser auf Anfrage. In seinem dem Amtsgericht zugeleiteten und dem GA vorliegenden Insolvenzbericht hatte Lieser noch mitgeteilt, er halte eine Sanierung für aussichtsreich, eine Überschuldung bestehe nicht, vielmehr gebe es eine „Überdeckung“ (also mehr Vermögen als Schulden) von rund 19,2 Millionen Euro. An „freier Masse“ – gemeint ist das verwertbare Vermögen – sei mit 27,24 Millionen Euro zu rechnen. „Nach weiterer Sichtung der Vermögenswerte der AGBN müssen wir inzwischen von niedrigeren Wertansätzen der Vermögenswerte ausgehen. Zudem sind auch die Gläubigerforderungen höher als erwartet“, erklärt Lieser hierzu.

Zum Jahresende wird die AGBN noch fünf Mitarbeiter beschäftigen. Als Lieser im Oktober 2015 das Unternehmen als Insolvenzverwalter übernahm, waren es 120 Beschäftigte, die in Lohn und Brot waren. 67 von ihnen konnten jedoch in neu gegründeten Tochtergesellschaften beschäftigt werden.

„Der Sanierungsprozess schreitet voran“, meinte Lieser. Um das Ziel der „nachhaltigen Sanierung“ zu erreichen, seien im Zuge der strategischen Neuausrichtung zwei Tochtergesellschaften, nämlich die „Villa Sibilla GmbH“ und die „Medical Fitness GmbH“, gegründet worden. Dies „damit sich diese besser entwickeln und den Herausforderungen des Marktes besser stellen können“.

Verhandlungen mit Interessenten

Dementsprechend sei der Personalbedarf angepasst worden. Lieser: „Aufgrund der Neustrukturierung gehen wir davon aus, dass über alle Geschäftsbereiche konsolidiert ein ausgeglichenes Ergebnis erwartet werden kann.“ Nach wie vor werde mit Kaufinteressenten verhandelt. Bereits im Mai hatte Lieser mitgeteilt, er befinde sich in „finalen Verhandlungen“. Damals war im Gespräch, dass ein überregional bekannter Weinhändler die Immobilien der AGBN übernehmen wolle.

Derzeit gibt es bei der AGBN noch 30 Beschäftigte. Bis Ende des Jahres werden etwa 25 Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, da es für sie keine weitere Beschäftigungsmöglichkeit gibt und das operative Geschäft des 1860 gegründeten Traditionsunternehmens eingestellt ist. Lieser hatte mit dem Betriebsrat im August einen Interessenausgleich und einen Sozialplan vereinbart. Bei den beiden gegründeten Tochtergesellschaften sei die Anzahl der Mitarbeiter stabil und unverändert.

Nennenswerte Veränderungen im Thermal-Badehaus gebe es nicht, führte Jens Lieser gegenüber dem GA aus. „Es befinden sich dort mit Ausnahme von zwei Mietern, die eine sehr kleine Gewerbefläche angemietet hatten, nach wie vor die gleichen Läden“, so der Insolvenzverwalter.

Zur derzeitigen Auslastung der Seniorenresidenz „Villa Sibilla“, dem Hauptumsatzträger der Aktiengesellschaft, wollte Lieser nur wenig sagen: „Wir sind mit der aktuellen Auslastung zufrieden. Zahlen möchten wir nicht nennen.“ Er bestätigte indes, dass es Kaufinteressenten gebe, nähere Angaben wolle er dazu aber nicht machen.

"Rechtsstreitigkeiten sind weiter offen"

Noch nicht geklärt sind die Rechtsstreitigkeiten, in denen sich die AGBN befindet. So wurden gegen den Kreis Ahrweiler Ansprüche auf Rückzahlung von angeblich zu viel gezahlter Spielbankabgabe geltend gemacht. Mit der Stadt, die an der AGBN zu 27 Prozent beteiligt ist, streitet man sich um Leitungs- und Abfüllrechte für das Bad Neuenahrer Heilwasser. „Noch liegen hierzu keine Entscheidungen vor. Die Rechtsstreitigkeiten sind noch weiter offen“, so Lieser.

Ebenfalls weiterhin ungeklärt ist die Regulierung eines angeblichen Schadens in Höhe von 5,5 Millionen Euro. Er sei entstanden, weil die AGBN dem Spielbankbetreiber die Räumlichkeiten des Spielcasinos zu einem nicht marktgerechten Mietzins überlassen habe. Der Insolvenzverwalter habe diesbezügliche Ansprüche gegenüber den ehemaligen Vorständen sowie gegenüber der „Interessengemeinschaft der Aktionäre der AGBN“ – eine Gruppe, die identisch ist mit den Spielbankbetreibern – geltend gemacht.

Auf etwaige Ansprüche, die der Insolvenzverwalter gegen Ex-Vorstand Christoph Reinicke insbesondere wegen eines auf zehn Jahre ausgerichteten Mietvertrages mit der Steigenberger-Hotelgruppe geltend gemacht hat, wollte Lieser nicht eingehen. Nach Informationen des General-Anzeigers handelt es sich um 10 Millionen Euro. „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns zu internen Personalangelegenheiten der AGBN nicht öffentlich äußern“, sagte Lieser. Den damals von Reinicke geschlossenen Vertrag wolle Lieser jedoch nicht auflösen: „Es gibt keinen Kündigungsgrund.“ Als Insolvenzverwalter müsse er sich an bestehende Verträge halten. Lieser: „Pacta sunt servanda!“ – Verträge sind einzuhalten.

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