Einspruch gegen die Kündigung Ein Sachverhalt, zwei Standpunkte

BAD NEUENAHR · Insolvenzverwalter Jens Lieser und Christoph Reinicke äußern sich zur fristlosen Kündigung Reineckes als Vorstand der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr.

 Christoph Reinicke 2015 bei der Pressekonferenz zur Insolvenz der AG Bad Neuenahr.

Christoph Reinicke 2015 bei der Pressekonferenz zur Insolvenz der AG Bad Neuenahr.

Foto: Martin Gausmann

Der Insolvenzverwalter der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr, Jens Lieser, hat das Dienstverhältnis mit Christoph Reinicke am 17. Februar fristlos gekündigt. Gegen diese Kündigung hat Reinicke anwaltlich Einspruch erhoben. „Alle erforderlichen Rechtsmittel werden nun eingelegt“, sagte Reinicke gestern.

Eine der vom Insolvenzverwalter vorgebrachten Begründungen für die fristlose Kündigung sei seine Teilnahme an der Reise der rheinland-pfälzischen Wirtschaftsdelegation nach China trotz angespannter wirtschaftlicher Lage des Unternehmens, die in der Folge zur Anbahnung des Geschäftskontaktes mit chinesischen Investoren führte, gewesen, erläuterte Reinicke.

Und weiter: „Eine Kündigung des Geschäftsführers oder Vorstandes einer insolventen Gesellschaft gehört zum gängigen Instrumentarium des Insolvenzverwalters, nicht zuletzt aus Gründen der Kostenersparnis. Jens Lieser hatte bereits im Dezember eine nicht fristgerechte Kündigung ausgesprochen, die er seinerzeit wieder zurücknehmen musste.“

Von der durch den Insolvenzverwalter ausgesprochenen Kündigung bleibe seine „Stellung als Vorstand allerdings gänzlich unberührt“, erklärte Reinicke. Der Vorstand könne nur vom Aufsichtsrat abberufen werden, dies sei nicht erfolgt.

Insofern bleibe er Vorstand der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr und werde entsprechend der gesetzlichen Vorschriften seinen Verpflichtungen für die Aktiengesellschaft auch weiterhin nachkommen. Das Aussprechen einer fristlosen Kündigung unmittelbar vor der Gläubigerversammlung lasse allerdings den Eindruck entstehen, dass „aktiv eine Teilnahme des Vorstands an dieser Gläubigerversammlung verhindert werden sollte“.

Im Verlauf der Gläubigerversammlung musste sich Lieser laut Reinicke dessen „kritischen Fragen stellen, so unter anderem zum in der Verantwortung des Insolvenzverwalters liegenden Wegfall der Versicherung für die Gebäude des Anlagevermögens.“

Reinicke abschließend: „Da der von Jens Lieser in der Gläubigerversammlung vorgestellte Bericht darüber hinaus fehlerhaft und unvollständig war, liegt mittlerweile ein Ergänzungsbericht des Vorstands der Aktiengesellschaft vor, der in den nächsten Tagen dem Gericht zugehen wird.“

Das alles will Jens Lieser so nicht stehen lassen. Über seinen Pressesprecher Pietro Nuvolini ließ er gestern erklären: „Es trifft nicht zu, dass Jens Lieser, wie von Christoph Reinicke suggeriert wird, eine nicht fristgerechte Kündigung zurückgenommen hat. Tatsache ist: Es hat eine Kündigung mit Monatskündigungsfrist gegeben, die in eine Kündigung mit einer Dreimonatsfrist umgewandelt wurde.“ Diese habe Reinicke auch akzeptiert.

Zudem sei der Vorwurf, Lieser hätte die Teilnahme Reinickes an der Gläubigerversammlung verhindern wollen „völlig aus der Luft gegriffen“. Der Insolvenzverwalter habe durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eine Sonderprüfung zur Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung des Vorstandes Christoph Reinicke beauftragt. Der beauftragte Wirtschaftsprüfer habe in seinem am 15. Februar vorgelegtem Gutachten eine Vielzahl von Gründen ermittelt, die eine fristlose Kündigung von Reinicke als Vorstand „zwingend notwendig und unerlässlich gemacht haben“. Der anstehende Termin der Gläubigerversammlung sei in diesem Zusammenhang unerheblich gewesen.

In den Fragen von Reinicke während der Gläubigerversammlung, etwa der Wegfall der Versicherung für die Gebäude des Anlagevermögens, sieht Lieser „eine Ablenkung von den tatsächlichen Problemen“. Alle Gläubiger hätten im Rahmen der Gläubigerversammlung bei Gericht die Möglichkeit Fragen zu stellen. Da Reinicke ebenso Gläubiger sei, habe er von diesem Recht Gebrauch gemacht. Bei dem Vorwurf des etwaigen „Wegfalls der Versicherung für die Gebäude“ sei festzuhalten, „dass bis zur Insolvenzeröffnung der Vorstand im eigenverwaltetem Verfahren für die Versicherung der Gebäude verantwortlich war“. Laut Nuvolini hat Lieser „als Insolvenzverwalter dafür Sorge getragen, dass der Versicherungsschutz besteht“.

Zum Vorwurf, der von Lieser vorgestellte Bericht sei fehlerhaft und unvollständig hieß es von seinem Pressesprecher: „Es liegt im Wesen einer Zusammenfassung, dass diese nicht alle Details erfassen kann. Der wesentliche Inhalt des Berichts von Jens Lieser ist Christoph Reinicke seit Monaten bekannt.“

Reinicke habe „scheinbar keine Veranlassung gesehen, auf etwaige Fehler oder fehlende Dinge aufmerksam zu machen“. Nuvolini: „Im Übrigen hat der Gläubigerausschuss bislang auch keinen Anlass gesehen, den Bericht des Insolvenzverwalters als unvollständig oder fehlerhaft zu erachten. Auch die externe vom Gläubigerausschuss beauftragte Kassenprüfung kommt zu keinen Beanstandungen der Geschäftsführung des Insolvenzverwalters."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort