Konzert in Bad Neuenahr Das kurze Leben einer stillen Berühmtheit

BAD NEUENAHR · Ein Konzertabend im Augustinum erzählte vom kurzen, aber schaffensvollen Leben Franz Schuberts. Die Pianistin Nadia Singer und Tenor Edward Leach wechselten zwischen lustigen und dramatischen Kompositionen.

 Nadia Singer am Klavier und Lutz Görner widmeten den Abend im Augustinum Franz Schubert.

Nadia Singer am Klavier und Lutz Görner widmeten den Abend im Augustinum Franz Schubert.

Foto: Gausmann

Vor gut besuchtem Theatersaal in der Bad Neuenahrer Seniorenresidenz Augustinum hat Lutz Görner aus dem Leben Franz Schuberts erzählt. Gemeinsam mit Pianistin Nadia Singer und Tenor Edward Leach schaffte er einen musikalisch einfühlsamen Blick auf das mitunter tragische Leben des Wiener Musikers. Das Publikum zeigte sich rundum überzeugt und geizte nicht mit Beifall für den Altmeister und seine jungen Musiker.

Klein, rund und ausnehmend fleischig: Franz Schubert war bestimmt nicht das, was man sich unter einem Schönling vorstellen würde. Darüber hinaus war er auch noch äußerst still und schüchtern. In einen Haushalt hineingeboren, in dem eine sichere bürgerliche Existenz alles zu sein schien und eigentlich kein Platz für einen Musensohn war, fand er seine Erfüllung in der Stille über ein Notenblatt gebeugt.

Dabei stach schon zu Schulzeiten eine Besonderheit heraus: Der stille, zurückgezogene Schubert inspirierte die Menschen um sich herum. Kaum waren seine Stücke auf Papier, schon entrissen sie ihm seine Mitschüler und brachten sie unter Begeisterung zur Aufführung. Einen Geschmack davon erhielten die Zuhörer mit den zahlreichen Kunstliedern, die Leach über den Abend verteilt präsentierte.

Schon das erste Stück – der Erlkönig auf den Text von Johann Wolfgang von Goethe – zog dabei das Publikum in seinen Bann. Die nervöse Klavierbegleitung Singers und die unterschiedlichen Stimmlagen, die Leach den drei sprechenden Akteuren des Liedes beigab, konnten restlos überzeugen. Auch das Heidenröschen und der Musensohn verfehlten als „Aphorismen des Herzens“, wie sie Görner nannte, nicht ihre bezaubernde Wirkung, wobei die Musik Schuberts auch querstehende Untertöne zuließ.

Liszt machte Schubert bekannt

Im Laufe der anfangs schweren Jugendjahre entstanden um Schubert herum ausschweifende Kulturveranstaltungen, sogenannten Schubertiaden. Der Großmeister und Inspirator still im Mittelpunkt des Geschehens, tobte sich um ihn herum das blühende Leben seiner Freunde aus. Allen voran Franz von Schober, der genaue Gegenpart zum stillen Schubert. „Nur wenn es ums Trinken und Rauchen ging, dann wurde der Zurückgezogene munter“, wusste Görner zu berichten. Singer machte dem Klavierabend alle Ehre. Mit einer feinen Interpretation nach der anderen, bot sie den Besuchern nicht nur einen tiefen Einblick in das Schaffen Schuberts, sondern bot auch reichlich Raum, die Gedanken schweifen zu lassen.

Lustige Stückchen wie der „Grazer Galopp“ wechselten sich ab mit dramatischen Kompositionen wie „Gretchen am Spinnrade“, ein Lied, das Franz Liszt für das Klavier bearbeitet hat. Übrigens war es erst Liszt, der Schubert zehn Jahre nach seinem Tod weltbekannt machte. Zu Lebzeiten war er nur eine lokale Wiener Lichtgestalt gewesen.

Ausgespart wurde auch die Erkrankung Schuberts an der Syphilis nicht. In einem Aufbäumen an rauschhafter Lebenslust gegen die Schmerzen verfasste er „Krankheitsbulletins“, eine Ansammlung kurzer Walzer, die beim Publikum einen fahlen Beigeschmack hinterließen. Im gesprochenen Lied „Am Meer“ auf einen Text von Heinrich Heine brach sich dann die Verzweiflung Bahn. Ohne eine Zugabe ließen die Neuenahrer die drei Künstler natürlich nicht gehen.

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