Ausbildung im Kreis Ahrweiler Brücke zur heimischen Wirtschaft

KREIS AHRWEILER · Schüler sollen mehr Orientierung beim Einstieg in die Berufswelt erhalten.

 Eine Auszubildende zum Schweißer arbeitet an einem Stück Metall. Viele Schulabgänger wissen nicht, ob sie sich für ein Studium oder eine Lehre entscheiden sollen. Ein Ratgeber soll Orientierung geben.

Eine Auszubildende zum Schweißer arbeitet an einem Stück Metall. Viele Schulabgänger wissen nicht, ob sie sich für ein Studium oder eine Lehre entscheiden sollen. Ein Ratgeber soll Orientierung geben.

Foto: picture alliance / dpa

. Deutsche Chefs suchen händeringend Azubis. Das ist in diesem Jahr nicht anders als im vergangenen. Unmittelbar vor dem Ausbildungsstart am 1. September waren noch rund 170 000 Lehrstellen frei, meldete seinerzeit der Deutsche Industrie- und Handelskammertag. Aktuelle Zahlen über freie Lehrstellen liegen noch nicht vor. Aber: Jugendliche Bewerber haben auch 2017 allerbeste Chancen, einen Ausbildungsplatz zu finden. Nur welchen? Oder lieber doch ein Studium?

Um eine „Brücke“ zwischen der heimischen Wirtschaft und künftigen Schulabgängern zu schlagen, hat Kreiswirtschaftsförderer Tino Hackenbruch nun eine kleine Broschüre vorgelegt. Präsentiert werden dort Partner bei der beruflichen Orientierung.

Glück für Schulabgänger, Pech für die Chefs: Fast jeder dritte Ausbildungsbetrieb kann nicht mehr alle Stellen besetzen. Ein Grund: Seit 2006 ist die Zahl der Schulabgänger von 970 000 auf rund 850 000 gesunken. Gleichzeitig stieg die Zahl der Studienanfänger von 345 000 auf 506 000. Mit erstaunlich hoher Abbrecherquote: 70 000 kehren der Uni oder dem Campus vorzeitig den Rücken.

Laut der Bundesagentur für Arbeit beginnen drei Viertel der Schulabgänger nach dem Abi ein Studium, nur ein Viertel macht eine Ausbildung. Und selbst von den Azubis mit Abitur sehen viele die Lehre vor allem als Wegbereiter und hängen beispielsweise nach der Banklehre noch ein BWL-Studium an oder nutzen die Krankenpflegerausbildung, um die Wartezeit fürs Medizinstudium zu überbrücken. Dennoch: „Wir erleben eine große Orientierungslosigkeit. Viele Schüler haben keine Vorstellung von der Berufswelt“, so der Leiter der Integrierten Gesamtschule Remagen, Marcus Wald. Und die kommissarische Schulleiterin des Gymnasiums Nonnenwerth, Andrea Monreal, ergänzt: „Schule und Wirtschaft können voneinander profitieren.“ Hackenbruch und der Arbeitskreis „SchuleWirtschaft“ wollen nun helfen, den Weg zu weisen, damit der Einstieg in die Berufswelt gelingt.

Auf vier Seiten werden Ansprechpartner, Organisationen und Institutionen genannt. Insbesondere gibt es das „Lehrstellenradar“, das einen einfachen Zugang zu freien Lehrstellen oder Praktikumsplätzen gerade auch in Handwerksbetrieben bietet. Nach den Sommerferien soll das Heftchen an die Schüler verteilt werden.

Die Entscheidung, ob Ausbildung oder Studium wird den Schulabgängern damit freilich nicht abgenommen. Schon in jungen Lebensjahren müssen sie für ihre künftige Lebensplanung entscheidende Weichen stellen. Azubis verdienen schneller Geld und stehen finanziell auf eigenen Beinen, wenn auch das Lehrlingsgehalt meist noch nicht reicht, um davon zu leben. Zwar gibt es keine Garantie, nach der Lehre übernommen zu werden, doch Azubis fällt der direkte Berufseinstieg häufig leichter: Anders, als bei den meisten Studenten der Fall, werden sie gezielt auf eine bestimmte Tätigkeit vorbereitet. Zudem gibt es durchaus Aufstiegschancen in Handwerksberufen, bei Dienstleistern oder im Handel.

Hingegen sprechen Verdienst- und Karrierefaktoren eher für ein Studium. Uni-Abgänger bekommen in ihrem Berufsleben statistisch gesehen nicht nur deutlich mehr Gehalt als ihre Kollegen ohne Studienabschluss. Auch die Gefahr, arbeitslos zu werden, ist mit einem abgeschlossenen Studium weitaus geringer. Hinzu kommt, dass in vielen Branchen der Hochschulabschluss entweder Voraussetzung oder Standard ist. Ein Grund zur Verzweiflung bei der „Qual der Wahl“ ist dennoch nicht gegeben: Weder Studium noch Ausbildung sind Sackgassen. Im Zweifelsfall geht auch beides nacheinander.

Dass die Schüler im Kreis Ahrweiler schon frühzeitig auf das Berufsleben vorbereitet werden, zeigt das Gymnasium Nonnenwerth auf. Bereits in der achten Klasse wird dort in Kooperation mit dem Rhein-Ahr-Campus der Fachhochschule Remagen das Fach „Wirtschaft“ unterrichtet. Allgemeinbildung im Bereich Finanzen, Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, Rechtsformen von Unternehmen, Leasingmodelle, Businesspläne oder Regeln für Onlinegeschäfte: Den Schülern wird ein Einblick in die Welt der Arbeit vermittelt.

Das hat bereits Früchte getragen. So gründeten Nonnenwerth-Schüler im vergangenen Jahr eine „Schülerfirma“, nachdem sie den Nagellackstift „Glam penail“ entwickelt hatten. Der Stift ermöglicht ein tropffreies und präzises Lackieren, ist nachfüllbar und schnelltrocknend. 30 Farbtöne sind erhältlich. Mit eigenem Vorstand, Marketing- und Finanzabteilung, Vertrieb und Controlling haben die Schüler flott aufgezeigt, dass zumindest sie bestens auf die Berufswelt vorbereitet sind. Ihr Slogan: „Glam penail, präzise und klar, ist für alle Mädels da.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort