Vom Mittelalter in die Gegenwart Bonner Vokalensemble brilliert in Sankt Marien

BAD NEUENAHR · Diesem Konzert hätte man mehr Zuhörer gewünscht. Vor einem Liebhaberpublikum sang das Bonner Vokalensemble unter der Leitung von Ulrike Ludewig Vokalstücke vom Mittelalter bis in die Gegenwart.

Das Bonner Bonner Vocalensemblei seinem Konzert in der Bad Neuenahrer Rosenkranzkirche.

Das Bonner Bonner Vocalensemblei seinem Konzert in der Bad Neuenahrer Rosenkranzkirche.

Foto: Martin Gausmann

Das Bläserquartett "Juliacum Brassers" komplettierte den musikalischen Reigen mit Instrumentalwerken und verschmolz zum Ende hin mit dem Chor. Unterschiedliche Positionen des Chores im Kirchenraum sorgten für Abwechslung und neue musikalische Eindrücke.

Wer dachte, dass der Chor sich zu Beginn des Konzerts im Altarraum aufstellen würde, irrte sich. Das erste Stück des Abends, "Ave Generosa" aus der Feder Hildegards von Bingen, sangen die Damen des Vokalensembles aus dem hinteren Teil der Kirche.

Über schwebendem Grundklang erstreckten sich endlose Melodien, welche in metaphorischer Sprache die Gottesmutter preisen. Schnell musste Ludewig nach dem Schlusston ihren Notenständer packen und in den Altarraum eilen. Dort nahmen die Herren Aufstellung, um mit Guillaume Dufays "Ave Regina Caelorum" ihren Beitrag zum Marienmonat Mai beizutragen.

Eine glänzende, aber auch archaische Harmonik stemmte sich gegen die durch die Fenster eindringende Dämmerung. Josquin Desprez war nicht der einzige Komponist, welcher den Gassenhauer "L'homme armé" aus dem 15. Jahrhundert für seine geistlichen Kompositionen verwendet hat.

Zu seinem "Agnus Dei III" stellten sich die Männer kompakt an zwei Seiten, dazwischen standen die Frauen. Umhüllt von Musik, konnten die Zuhörer die Augen schließen, und dem Klang nachhorchen, der von allen Seiten auf sie herabrieselte. Eine weitere Messe des Renaissance-Komponisten Desprez erklang instrumental. Die Juliacum Brassers interpretierten die "Missa Pange Lingua" als breiten Klangteppich, von Motiven durchzogen, welche den Fluss der Musik wieder neu antrieben.

Zeitreise durch vierhundert Jahre

Mit vier Komponisten ging es vierhundert Jahre in die Zukunft, in das 19. und 20. Jahrhundert. Bobby McFerrin hat den 23. Psalm auf eine weibliche Gottheit umgedichtet und dabei wohl seine eigene Mutter vor Augen gehabt. Sonor und in Stereo von beiden Seitenschiffen aus erklang der Chorsatz.

Mit ganzer Kraft und zahlreichen Ausbrüchen interpretierten die Sänger "67th Psalm" von Charles Ives, in dem zwei Tonarten parallel komponiert sind. In großen Lautstärkebögen strahlte "O Maria Maris Stella". Eine Auswahl aus den "Psalms of David" des Esten Cyrillius Kreek ergriff die Zuhörer mit einer Mischung aus Gebetsruhe und nordischer Kühle. Zum Schluss hin wurde die Rosenkranzkirche zum venezianischen Markusdom.

Die Bläser wurden gerahmt von den Sängern, um die zahlreichen Musikorte des Bauwerks an der Adriaküste zu imitieren. Mit vier Stücken von Giovanni Gabrieli war das Konzert wieder ganz im Geist der Renaissance angekommen. Alle Register griffen im zwölfstimmigen Kyrie und Gloria ineinander und erzeugten einen musikalischen Sog.

Aus allen Ecken kam der Klang zum "Plaudite", mit dessen breiten Schluss-Halleluja das Konzert sein Ende fand. War das Publikum auch nicht zahlreich, so machte es seine Begeisterung doch lang und laut kund. Für Sänger und Bläser gab es teilweise sogar stehend Ovationen.

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