Der 750.000. Museumsgast Besucherboom im Ahrweiler Regierungsbunker

AHRWEILER · Weit öffneten sich am Mittwoch die 25 Tonnen schweren atombombensicheren Tore, um den 750.000. Museumsgast in eine unterirdische Geheimwelt einzuladen.

Dort, wo zur ersten Nato-Übung Fallex 66 die Regierungsmitglieder übungshalber in den Dritten Weltkrieg einzogen, tummeln sich heute die Besucher. Seit 2008 ist der Regierungsbunker, der sich unter den Weinbergen auf 17 Kilometern Länge von Ahrweiler nach Dernau erstreckte und dessen Planung bis ins Jahr 1950 zurückreicht, zu einem Museum mit Originalgegenständen am Originalschauplatz geworden.

Und noch heute kehren Dinge zu ihm zurück. „Das THW Leverkusen gibt uns demnächst einen großen Kochtopf zurück“, so Museumsleiterin Heike Hollunder, „eine Dauerleihgabe des Deutschen Historischen Museums in Berlin ist beispielsweise der Friseurtisch.“

Keiner konnte ahnen, selbst die Befürworter nicht, dass dieses Kapitel deutscher Geschichte, das Teil eines weltweiten Drohszenarios der Supermächte in Ost und West war, nach seinem Rückbau einmal Jung und Alt aus aller Welt derart in seinen Bann ziehen wird. Und das Besondere des Museums: Es wird von einem Verein als Träger geführt, dem Heimatverein Alt Ahrweiler um Wilbert Herschbach.

„Ich erinnere mich gut, als es hieß 'Dann macht Ihr mal alle zwei bis drei Wochen auf, dann kommen wohl 20 Besucher. Hängt alle 200 Meter eine Glühbirne auf. Das reicht'.“ Heute sind 40 Gästeführer täglich beschäftigt, „was den Betrieb zu einem Wirtschaftsfaktor und zu einem touristischen Leuchtturm macht“, sagt Bürgermeister Guido Orthen.

Die Erfolgsstory mündet gestern in der zehnten Saison mit dem 750.000. Besucher. Erstmals kommen die „Jubilare“ aus der Region: Sabine und Bernd Kreuzberg aus Dernau mit ihrer Tochter Lena (10).

Das regnerische Sommerferienwetter nutzen sie für Highlights in der Umgebung: Am Vortag ging es mit dem Kombiticket in die nahe Römervilla – und jetzt in den Bunker. Beide Museen liegen am Silberberg und haben zusammen jährlich mehr als 100.000 Besucher, insgesamt seit den Eröffnungen in 1993 und 2008 knapp 1,5 Millionen.

Meisterwerk der Region

Kreuzbergs kennen die zugemauerten Spuren des geheimsten Bauwerks der Republik aus ihrer Arbeit im Dernauer Weinberg. Und Bernd Kreuzberg, der von Orthen, Ahrtal-Tourismus-Geschäftsführer Andreas Wittpohl, Hollunder und Herschbach mit Sekt, einem Buch, Ahrthermen-Karten und einem Präsentkorb überrascht wird, betont: „Ich hatte mich im Bunker als Schreiner beworben.“

Während „die Gruppe mit den grünen Chips“ zur Führung hereingerufen wird, kreist ein Hubschrauber über den Köpfen. Die Gäste aus Holland, Belgien und der gesamten Republik wissen nicht, dass es der Spritz-Heli ist, der den Winzern hilft. Neugierig sind sie auch, auf wen sich da die Kameras richten.

Dabei steht der Bunker, der 2009 den „Europa Nostra Award“ erhielt und einer der „Meisterwerke der Region“ ist, ständig im Rampenlicht. Bundespräsident Horst Köhler kommt gleich 2008, 2013 besichtigten der amerikanische Astronaut John Lynch Philipps und der russische Kosmonaut Juri Gidzenko die Stätte. Günther Wetzel berichtet dort schon zwei Mal über seine spektakuläre Flucht mit dem Heißluftballon aus der DDR. Übrigens macht Bully Herbig daraus einen Film.

Ob „New York Times“, die japanische „Yomiuri Shimbun“-Zeitung mit einer Zwölf-Millionen-Auflage täglich, „The Weekend Australian“: Sie alle waren ebenso am Bunker interessiert wie TV-Journalisten. Immer am Start bei den Dreharbeiten als Interviewpartner sind die Zeitzeugen wie Ex-Mitarbeiter oder Nato-Übungsteilnehmer. Von den jährlich rund 80.000 Besuchern sind 10.000 junge Menschen, für die es besondere Führungen gibt. Ausstellungen, Vorträge oder Buchvorstellungen ergänzen das Programm. „2018, im Jubiläumsjahr, machen wir die 800 000 voll, spätestens im Frühjahr“, freut sich Hollunder.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort