Klassische Musik Bad Neuenahrer Grundschüler singen Bach

BAD NEUENAHR · Bad Neuenahrer Grundschüler der dritten und vierten Klassen haben gemeinsam mit der Tübinger Gesangspädagogin Friedhilde Trüün die „Hits“ von Johann Sebastian Bach geprobt - und waren begeistert. Ein Abschlusskonzert in der Pius-Kirche soll das Projekt "Sing Bach" am Freitag krönen.

Klassische Musik: Bad Neuenahrer Grundschüler singen Bach
Foto: Matin Gausmann

Grüner Pulli, grünes Stirnband, Minirock, dazu eine dynamische Mischung aus Charisma, Enthusiasmus und Autorität: Wer sich bis zur Probe von „Sing Bach“ in der Aula der Grundschule Bad Neuenahr nicht vorstellen konnte, wie die Tübinger Gesangspädagogin Friedhilde Trüün es schaffen will, in vier Tagen 250 Grundschüler der dritten und vierten Klassen auf ein Konzert mit elf Liedern von Johann Sebastian Bach vorzubereiten, der braucht nur wenige Minuten, um zu verstehen, wie sie das macht. Wenn jemandem gegeben ist, die Schatztruhe von Bachs Musik altersgerecht zu öffnen, zugleich die ungeschliffenen Rohdiamanten der Kinderstimmen zu bearbeiten und jedes Kind als Schatz zu behandeln, dann Trüün.

Nichts entgeht der Projektleiterin, die auf Einladung der Elisabeth-Lindner-(Elli)-Stiftung (der GA berichtete) in Bad Neuenahr weilt. Da wird nicht nur jedes Kind mit Handschlag und Namen begrüßt, die Kleinen nach vorne und die Großen in die hinteren Reihen platziert. Sondern da agiert sie mit vollem Körpereinsatz, nutzt die Gebärdensprache, aber auch wiederkehrende Rituale wie den Zauberblick, der absolute Wachsamkeit verlangt.

Alte Musik und junge Schüler

Ein „Dartpfeil“ beispielsweise kommt am Anfang zum Einsatz, damit der erste Ton gleichzeitig von allen Schülern aus Bad Neuenahr und Heimersheim gesungen wird. Ein gemeinsames „Tschaka“ spornt immer wieder an zu „Los, wir schaffen das“. Selbst das Lernen von elf Liedtexten – so angepasst, dass die christlichen Inhalte nicht vorkommen, damit Kinder aller Religionen mitmachen können – scheint dank Trüün mühelos.

„Sie erklärt das toll“, findet die zehnjährige Jana Krämer aus der 4 a, „weil, da sind schon manche alte Wörter dabei, die wir nicht kennen.“ David Lorca (9), der zugibt, sonst eher Deutschrap zu hören, hat sichtlich Spaß am Projekt. Und Giulio Cristofalo (10) findet nicht nur, dass die Zeit schnell rum geht, sondern glaubt, dass er sich sein Leben lang an Bach und dieses Projekt erinnern wird.

Ursula Bell, Schulleiterin der gastgebenden Grundschule, ist beeindruckt vom Engagement der Kinder, aber ebenso fasziniert vom Können Trüüns: „Das Wecken von Begeisterung, das Halten der Konzentration, das Stärken der Fähigkeiten: Da träumt jeder Pädagoge von, Schüler über Stunden so fesseln zu können.“ Sie nimmt für das einstündige Abschlusskonzert am Freitag, 5. April, 17 Uhr, in der Pius-Kirche, das jeder besuchen kann, eine XXL-Taschentuchbox mit. Für die eigenen Tränen der Rührung, aber auch für die vor Stolz platzenden Eltern und Großeltern. Mit Blick auf weitere Projekte ist die Schulleitung zudem grundsätzlich froh, als Ganztagsschule über eine intakte Aula als Veranstaltungsort zu verfügen.

Zehnjährige singen die Zugabe auf Latein

„Wenn das Publikum nicht aufhört zu klatschen: Was will es uns sagen?“, fragt Trüün die Schüler. „Zugabe“ rufen die Kinder in freudiger Erwartung. „Und die singen wir in Latein.“ Spricht's und legt mit dem Choral „Dona nobis pacem“ aus der Messe in h-Moll und einem Blick zu Andrea Stenzel, Vorstandsvorsitzende der Elli-Stiftung und Kantorin der evangelischen Kirchengemeinde, die Trüün am Klavier begleitet, gleich los. Ihr Augenmerk liegt auf der exakten Aussprache der Vokale beim „Gib uns Frieden“-Choral.

Die Äuglein zu machen dürfen die Grundschüler, die nicht nur ihre Stimme, sondern auch mit Händen und Füßen agieren sollen, lediglich beim Schlaflied „Nun zur Ruh“. Lebhafter wird es beim Text von „Komm, sing mit“ nach der Bourée aus der Lautensuite: „Das macht fit, lern mit uns diesen Hit, schon 300 Jahre alt, lässt er trotzdem keinen kalt. Mal hinauf, mal hinab, hält er dich herrlich auf Trab. Dieser himmlische Krach von Johann Sebastian Bach.“

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