Bombenentschärfung in Ahrweiler Bürger warteten auf die Entwarnung

AHRWEILER · Wegen der Bombenentschärfung am Sonntagmorgen mussten gegen 9 Uhr rund 3600 Menschen den Evakuierungsbereich in Ahrweiler verlassen. Viele von ihnen haben extra eingerichtete Anlaufstationen aufgesucht. Ein Blick in die Betreuungsstationen.

 Vier Generationen versammelten sich in der Aloisiusschule um Ur-Oma Elisabeth Fuhs (l). Die Zeit wurde zum Spielen und Lesen des GA genutzt.

Vier Generationen versammelten sich in der Aloisiusschule um Ur-Oma Elisabeth Fuhs (l). Die Zeit wurde zum Spielen und Lesen des GA genutzt.

Foto: Martin Gausmann

Während die Einsatzkräfte generalstabsmäßig die kommenden Stunden strukturieren und jedem seinen Platz zuweisen, haben derweil in der Mensa der Erich-Kästner-Realschule Plus die 75 Senioren des evakuierten Altenheimes Sankt Maria-Josef ein fröhliches Lied auf den Lippen. Eines, so finden Notfallseelsorgerin Mildred Ruppert und Fördervereins-Vorsitzender Antonius Kohlhaas, das passt wie die Faust aufs Auge: Angestimmt wird „Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus“.

Ja, sie mussten und alle 196 Bürger, die auf die Hilfe von Sozial- und Pflegediensten oder DRK angewiesen waren oder einfach die, die die Anlaufstellen auf dem Calvarienberg und in der Aloisiusschule aufsuchten, sind besonnen und sich der Notwendigkeit der Evakuierung von insgesamt 3600 Ahrweiler Bürgern bewusst.

So wird Bingo gespielt und Patiencen gelegt, gut gefrühstückt oder sich mit dem Tischnachbarn unterhalten. Deshalb sind auch Hildegard und Klaus Söller mit Hund Paul lieber in die Turnhalle der Grundschule als zu den Kindern gegangen. „Hier kennen wir ja viele, da können wir uns gut unterhalten.“ Marie-Luise Quirmbach räumt ein, nicht gut geschlafen zu haben und schon ein wenig aufgeregt und unsicher zu sein, „ob das gut geht“.

Sollte Nervosität vorhanden gewesen sein, so lassen sich die Familien Fuhs-Hommes nichts anmerken. Allein schon wegen der vier Urenkel, die um Ur-Oma Elisabeth Fuhs (87) aus der Ahrhut herumsitzen und „Uno“ spielen, während die Erwachsenen sich die Lektüre der GA-Wochenendausgabe teilen.

Nur wenige Schritte weiter – Beigeordneter Rudi Frick schenkt Kaffee aus und auch Bürgermeister Guido Orthen schaut nach dem Wohl seiner Bürger – sitzt ein Mann, der unzählige Male als Sprengstoffexperte zum Beispiel in den Regierungsbunker gerufen wurde. Egon Karle, 80 Jahre, ist tiefenentspannt und weiß, dass die Männer des Kampfmittelräumdienstes genau wissen, was sie tun. Notarzt Frank-Peter Kaesler kommt in Ahrweiler ebenso wenig zum Einsatz wie die Notfallseelsorger, die an den Anlaufstellen zugegen sind.

Gut besucht ist die Messe in Sankt Pius, die Pfarrer Gerhard Stenz in der Kirche an der Schützenstraße hält. Sein Wunsch nach einem „gesegneten Sonntag“ geht, auch wenn das zu dem Zeitpunkt noch keiner weiß, schon wenige Minuten später in Erfüllung. Die Gläubigen sind im Pfarrheim zum Mittagessen eingeladen. Zu den ehrenamtlichen Helfern der Pfarrgemeinde gesellt sich auch Ahrweilers Dechant Jörg Meyrer.

Er ist natürlich auch in der Kinderkirche auf den Bombenfund eingegangen. Ebenso sollen die Fürbitten Trost spenden und Hoffnung geben, aber auch deutlich machen, dass die Gedanken bei den Einsatzkräften sind. Und noch während die ersten Gottesdienstbesucher sich stärken, läuten zur Freude und großen Erleichterung aller um 12.20 Uhr die Glocken der Kirchen. Da schmeckt die üppige Auswahl, die in der Küche vorbereitet wurde, noch mal so gut: vegetarische Kürbissuppe, syrische rote Linsensuppe oder Gemüsesuppe mit Mettwürsten.

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