Test in Bad Neuenahr-Ahrweiler Auf einmal 30 Jahre älter

KREISSTADT · Bad Neuenahr-Ahrweilers Bürgermeister Guido Orthen stellt sich Experiment der Senioren-Union. Mit Rollator und Alterssimulationsanzug durch die Innenstadt.

 Bürgermeister Guido Orthen erlebte im 30 Kilo schweren Alterssimulationsanzug, mit welchen Schwierigkeiten Senioren im Verkehr und im Alltag in der Kreisstadt zu kämpfen haben.

Bürgermeister Guido Orthen erlebte im 30 Kilo schweren Alterssimulationsanzug, mit welchen Schwierigkeiten Senioren im Verkehr und im Alltag in der Kreisstadt zu kämpfen haben.

Foto: Martin Gausmann

Von einer Minute auf die andere 30 Jahre älter werden. In diese Situation kam am Montag Kreisstadt-Bürgermeister Guido Orthen. Auf Initiative der Senioren-Union um Manfred Kolling wurde dem Stadtchef für einen „Spaziergang“ durch die Stadt ein Alterssimulationsanzug der Unfallkasse Rheinland-Pfalz verpasst. Der Anzug, der aus mehreren Teilen besteht, bringt 30 Kilo auf die Waage: Gewichte an den Füßen, eine Weste mit allein 15 Kilo, Manschetten schränken die Gelenke ein, eine Brille das Sichtfeld und Ohrmuscheln das Gehör.

Ausgerüstet mit Rollator und der Senioren-Union im Tross ging es unter fachkundiger Begleitung von Claudia Preußer von der Unfallkasse über die Rathausstraße nebst ihren Überwegen durch die Nordstraße und über die Hauptstraße in Bad Neuenahr. Das war der harmlose Teil der Exkursion bei 33 Gard im Schatten. Dennoch musste Orthen schon nach 300 Metern eine Pause auf dem Bänkchen des Rollators einlegen. In Ahrweiler kam dann der Härtetest auf dem Kopfsteinpflaster der Niederhut.

„Das reißt einem förmlich die Räder vom Rollator weg“, sagte Orthen schon nach 20 Metern und war sich nicht mehr so sicher, dass die geplante Neuverfugung des Pflasters für Besserung sorgen wird. „Das würden wir heute nicht mehr so bauen.“ „Mit einer Teerdecke hätten wir das Problem nicht“, sagte auch Rita Lauter, früheres Mitglied des Ahrweiler Ortsbeirates. Beim Bau der Fußgängerzone vor vier Jahrzehnten habe es noch keine Rollatoren gegeben.

Ohne einen solchen wäre Orthen bei seinem Hindernis-Parcours noch wackeliger auf den Beinen gewesen. „Das gibt schon Stabilität“, sagte der Stadtchef dem General-Anzeiger. Dennoch fiel ihm jeder Schritt schwer. An Übergängen machte ihm die eingeschränkte Sicht zu schaffen, auch wenn der Busfahrer ihn freundlich lächelnd in seinem „Kampfanzug“ passieren ließ.

„Betroffenheit macht sensibel“, hatte Orthen noch am Start gesagt. Deshalb wolle er das ausprobieren. Am Ende war er fast eine Stunde lang ein Betroffener, fühlte sich wie 80 statt 50. Und erkannte die Crux, die viele ältere Bürger in der Ahrweiler Fußgängerzone haben: „Wenn ich keine Kraft in den Armen hätte, könnte ich die Strecke über das Pflaster jetzt kaum gehen.“ Vom Heben der Füße ganz abzusehen, denn die Gewichte an den Fesseln ließen den sonst sportlichen Stadtchef ziemlich schlurfen: „Erleben ist da besser, als versuchen, sich da reinzudenken.“

Manfred Kolling will indes eine mit Hilfe der Senioren-Union erstellte Liste von neuralgischen Punkten in der Kreisstadt im Rathaus einreichen. Diese reicht von den hohen Bordsteinen an der Ecke Kreuz- und Landgrafenstraße über den Begegnungsverkehr von Autos, Radfahrern und Fußgängern an der Kurgartenbrücke bis eben zur Ahrweiler Altstadt.

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