Video im Rathaus vorgestellt Amateurfilmer zeigen Geschichte Ahrweilers als Satire

BAD NEUENAHR · Amateurfilmer Wolfgang Arends und Jürgen Drüeke gehen mit ihrer Satire "Kaiserrausch" der Geschichte von Ahrweiler mit einem Augenzwinkern auf den Grund. Die Uraufführung ist am 21. Oktober im Rathaus.

Bloß nicht kleckern. Das scheint die Devise der Ahrweiler Amateurfilmer Wolfgang Arends und Jürgen Drüeke zu sein. „Kaiserrausch – Deutschland und das Ahrtal auf dem Weg zur Weltgeltung“ betiteln sie forsch ihr jüngstes Opus, eine Kaiserzeit-Satire, die am 21. Oktober, 20 Uhr, im großen Sitzungssaal des Rathauses von Bad Neuenahr-Ahrweiler uraufgeführt wird.

Ab Mitte der 1990er stiegen die Filmemacher ohne Budget, doch mit Fantasie und Improvisationstalent, furchtlos in „Großes Kino“ ein. Arends Wohnzimmer mutierte dabei zu den „Goethe 11 Studios“. Vampirfilm, Western, Krimi - jedes Genre haben sie und eine wachsende Laienschauspielerzahl seither verballhornt. Was der erklärte „Hang zum Wahnsinn und der Freiheit des Geistes“ eben hergab. Der führte freilich zuletzt in „1945 – Der Krieg kommt ins Ahrtal“ und drei Ahrweiler Historienfilmen in ruhigeres Fahrwasser.

Mit „Kaiserrausch“ heben die Macher nun statt Ahrweiler bewusst das Kurbad Neuenahr ins Zentrum und haben erneut die Geschichte im Blick. „Der Film soll auf satirisch-unterhaltsame Weise den Menschen die deutsche Kaiserzeit nahebringen“, so Arends. Zusammen mit Drüeke plante er den zwei Jahre beanspruchenden Dreh. Aber Kamera, Drehbuch, Regie verantwortet er alleine, erstmals auch den Schnitt, „dank Einweisung durch André Weber“. Der Dernauer Mediendesigner kreierte wieder eine Massenszene: jubelnde Menschen vor dem Kurhaus. Dabei wirkten auch die Kaisergarde aus Blankenheim und Michael Schuch mit, der mit seinem Kranwagen unentgeltlich in der Ahrweiler Quarzkaul anrückte.

Fiktive Figuren treffen auch real Charaktere

In der Handlung treffen fiktive Charaktere auf real verbürgte. Kaiser Wilhelm II. hat 1911 tatsächlich Altenahr besucht. Im Film tut er (Phil Bell) es einige Jahre später. Vorgeblich steigt er im „Rheinischen Hof“ ab. Weil der geschlossen ist, durfte es ersatzweise das Bad Neuenahrer Hotel Giffels Goldener Anker sein.

Bekanntlich reiste der Kaiser gerne. Seine gemütskranke Schwester (Klaudia Kronen), die in einer Ahrweiler Klinik weilt, giftet daher: „Warum sind auf diesen Reisen in die norwegischen Fjorde und nach Korfu immer nur Männer auf unserer kaiserlichen Jacht?“ Pariert der Kaiser mit herrlich falschem Schnurrbart pikiert: „Es ist meine Jacht.“

In der Menge sieht er dem Untertan Fritz Kowalski (Jürgen Drüeke) tief in die Augen. So geschickt verbandelt der Film seine Protagonisten aus verschiedenen Welten. Zum reichen Schwager ins mondäne Kurbad Neuenahr zog Kowalski mit Frau und Tochter (Ute Schmidt, Kira Gierke), als er seine Arbeit im Berliner Lokomotivenwerk Borsig verlor. Kaum, dass er im Bad Geld verdient, indem er Kurgäste am Bahnhof abholt, bricht der Erste Weltkrieg aus. Obgleich das Geschehen maßgeblich um die Kowalskis kreist, bezieht es verschiedenste Gesellschaftsschichten ein, vom Volk bis zum hohen Adel. Der Film-Kaiser fährt im Salonwagen, den später Nazigrößen wie Göring und Goebbels nutzten. Gedreht wurde für Kaiserrausch im zeitgetreuen Exemplar des DB Museum Koblenz, damit „Prinzessin von Schaumberg“ in der Salonwagen-Wanne entspannen kann, wozu ihr der Kellner eine gelbe Badeente kredenzt – „als „Aufmerksamkeit des Hauses“.

Viele Anspielungen

Bei dieser verdrehten Verbeugung vor Loriot bleibt es nicht. Als Literaturanspielung taucht etwa die Lokomotive Emma aus „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ auf und der „Struwwelpeter“-Schneider jagt im Kindertraum Daumenlutscher. Das geschieht im Haus von Dr. Hermann von Schabernack, den Arends selbst gekonnt mimt. Den Zuschauer amüsiert des Nervenarztes freudlose Tischgesellschaft mit Frau, Tochter und unehelichen Enkeln, bei der die gestrenge Gouvernante, eine Rolle, die Journalistin und Krimiautorin Erika Kröll (gestorben im Februar 2016) perfekt ausfüllt, das eigentliche Regiment führt.

Allenthalben wird karikiert, drängen sich Assoziationen auf, gelegentlich ernste, wie sie der Schützengraben, in dem Kowalski liegt, nahelegt. Doch überwiegt eindeutig die Komik. Die nicht kommerzielle Filmproduktion ist bei der Premiere eintrittsfrei. Spenden fürs nächste Filmprojekt sind willkommen.

Weitere Aufführungen gibt es am 17. und 18. November, ab 20 Uhr in der ehemaligen Synagoge Ahrweiler an der Altenbaustraße.

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