Pako-Hengste besuchen die Villa Sibilla Alpakas im Bad Neuenahrer Altenheim

BAD NEUENAHR · „Ich Paarhufe jetzt“, hat sich das Leitungsteam der Villa Sibilla um Direktorin Ute Kellner-Heister gesagt und lud zum Kennenlern-Nachmittag in die Seniorenresidenz drei dufte Typen ein: die Alpakas Mogli, Murphy und Noah.

Groß gewachsen, schwarze Augen, treue Seelen – der eine mutig, der andere besonnen und doch aufmerksam, der dritte zurückhaltend, scheu, eher ängstlich. Extrem neugierig waren die drei Jungs allemal. Der Slogan „Alle elf Minuten verliebt sich ein Single“ war Makulatur, denn die Alpakahengste aus Puderbach im Westerwald eroberten die Herzen der Bad Neuenahrer Seniorenresidenz-Bewohner im Sturm.

Das Kindchenschema schlug voll an und so wurde der Villa-Innenhof zum gegenseitigen „Beschnuppern“ im Streichelzoo. Denn eines steht bei der aus den Anden stammenden und erst Anfang der 1990er Jahre in Deutschland eingeführten domestizierten Kamelform fest: Eine Annäherung ist nur über Ruhe, Sanftheit und Gelassenheit möglich. Nähert man sich zu laut, zu schnell, zu aggressiv oder unkoordiniert den Pakos, dann machen sie zu, sprich sie versuchen zu flüchten oder legen sich hin. Und dann werden die Paarhufer störrisch wie Esel und sind zu nichts mehr zu bewegen.

Wer kuschelnd und flirtend ans Ziel wollte und eine Runde mit den Jungs Hand in Hand, nein Leine in Hand, über den Hof ging, der bekam am Ende trotzdem einen Korb. Denn leider ist das schnuckelige, sich gut anfühlende Herrentrio zum Leidwesen der Damenwelt schon vergeben: an Katja van de Ven. Sie setzt die Zweijährigen Mogli, Murphy und Noah als tierische Co-Trainer ein bei ihrer Arbeit in der Burnout-Prävention oder bei Herzinfarkt-Patienten.

„Die Alpakas vermitteln auf ihre ganz spezielle Art und Weise den Umgang mit der inneren und äußeren Balance und reflektieren zum Beispiel die echten Führungsqualitäten leistungsorientierter Manager. Sie sind ausnahmslos ehrlich, unvoreingenommen und freundlich“, so die Trainerin. Den Tieren, bis zu 80 Kilogramm schwer und etwas kleiner als Lamas, sei egal, wie ein Mensch aussieht, wie alt er ist oder wie viel Geld er verdient.

Der beste Entschleuniger

„Sie spiegeln völlig wertfrei das Verhalten ihres Gegenübers. Es scheint, als ob ihre großen, schwarzen Augen direkt in die Seele des Menschen blicken. Sobald man selbst zur Ruhe kommt, lassen sie einen Kontakt zu.“ So kann es sein, dass sich van de Ven einfach mal nur auf einen Hocker in den Stall der Tiere setzt und ihrem leisen Summen zuhört. „Der beste Entschleuniger“, betonte sie im Gespräch mit den interessierten Senioren.

Was Noah in Bad Neuenahr kennenlernte, war ein Rollator. Erschrocken reagierte er auf das rollende Gefährt und legte sich flugs hin, auch seine beiden Freunde hielten inne. „Es sind Herdentiere, die immer einen Fluchtweg sehen müssen. Und Sie könnten nie mit einem Alpaka alleine losziehen“, erklärte die Halterin, die auch Trekking-Touren anbietet. Als es am Ende der Runde dann aber für die Pflanzenfresser getrocknete Kräuter-Leckerlis gab, war die Welt für die Pakos, die Heu und Gras lieben, aber auch Mineralien und Salz brauchen, wieder in Ordnung.

„Wie viel Platz benötigt man zur Haltung?“, wollte ein Bewohner wissen. „1000 Quadratmeter für zwei Alpakas, für jedes weitere Tiere 100 Quadratmeter“, antwortete van de Ven. „Und warum haben Sie keine Stuten? „Weil wir nicht züchten und keinen Zickenkrieg wollen.“ Und während die drei weichen Kerle im Hof ohne Rücksicht auf Zuschauer ihr Geschäft verrichten mussten und auch das gemeinsam taten, kamen Fragen auf: „Spucken die auch?“ „Ja, aber nur, wenn sie untereinander eine Rechnung zu begleichen haben.“ Wie sehr es stinkt, entscheidet die Tatsache, aus welchem der drei Mägen der Verdauungssaft herausgeschleudert wird.

Die Senioren waren angetan

Einmal im Jahr werden die Tiere, die keine Allergien auslösen und 25 Jahre alt werden können, geschoren. Die Rohwolle, die van de Ven in einer großen Tüte zum Anfassen rumreichte, kann zu hochwertigem Alpakagarn verarbeitet werden. Die Senioren waren angetan. „Wann sieht man so was mal“, freute sich eine Dame. Hans-Joseph Pütz fand sie „niedlich und wunderschön“. „Unsere Bewohner waren neugierig und positiv erstaunt über das Angebot, auf das sich viele eingelassen haben. Nicht einer hat gesagt, dass das Quatsch ist“, so Direktorin Kellner-Heister. Nach dem Alpaka-Auftakt überlegt das Team, Mogli, Murphy und Noah an leicht demenziell veränderte Menschen heranzuführen.

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