Wenig Zeit für die Grabpflege Ahrtaler Hospizgespräch beschäftigt sich mit dem Thema Bestattungen

KREISSTADT · Noch vor 20 Jahren hat es in Bad Neuenahr-Ahrweiler 85 Prozent Erdbestattungen gegeben. Heute gibt es dort nur noch rund 25 Prozent Bestattungen im Sarg. All das wurde beim dritten Ahrtaler Hospizgespräch erklärt.

 Bürgermeister Guido Orthen (2.v.r.) diskutiert mit Vertretern des Hospizvereins über Veränderungen im Bestattungswesen.

Bürgermeister Guido Orthen (2.v.r.) diskutiert mit Vertretern des Hospizvereins über Veränderungen im Bestattungswesen.

Foto: Hospizverein

Auf dem Podium zum Thema „Alles hat seine Zeit – Grab, Wiese oder Weinberg?“ begrüßte Monika Lessenich, Vorstandsmitglied des Hospiz-Vereins, als Moderator Hubert Rieck, Rektor a.D., sowie Dechant Jörg Meyrer, Bestatter Heinz-Peter Hoppe und die muslimische Soziologin Ghazel Wahisi.

Über die Gründe für den Wandel weg vom Sarg und hin zur Urne waren sich die Podiumsteilnehmer weitgehend einig: Es seien die Kosten und die Pflege für Erdgräber in einer Gesellschaft, in der Familienmitglieder oft räumlich verstreut lebten und viele wenig Zeit hätten. „Wir kommen aus einer sehr uniformen Zeit, in der Bestattungen christlich geprägt waren und sehr ähnlich abliefen, begleitet von Riten, in die man hineinwuchs“, sagte Dechant Meyrer. Weihwasser und Erde auf dem Sarg würden durch andere, individuelle Riten ersetzt und Trauerfeiern immer individueller gestaltet.

Beunruhigt über den Wertewandel und die neuen Formen der Erinnerungskultur in Deutschland äußerte sich die Soziologin Ghazel Wahisi, Muslimin, die im Alter von zehn Jahren aus Afghanistan nach Deutschland kam. „Ein Leben ohne Werte ist wertlos“, sagte sie und gab auch einen Einblick in die muslimische Bestattungskultur. Die Bestattungszeremonie folge einem festen Ablauf, eine intensive Grabpflege sei indes selten, weil man die Toten nicht stören wolle. Weil Auferstehung nach ihrem Glauben nicht möglich sei, wenn der Leib verbrannt werde, gebe es keine Urnenbestattungen.

Gedenkstätte bleibt wichtig als Ort der Trauer

Aus seiner Berufspraxis berichtete Bestatter Heinz-Peter Hoppe, dass die meisten Grabstätten heute möglichst pflegefrei sein sollen. Wichtig bleibe vielen aber eine Gedenkstätte als Ort, an dem man trauern könne. Er stellte zudem alternative Bestattungsformen vor wie die Bestattung im Weinberg. „Beerdigung ist nicht nur für die Toten, sondern auch für die Lebenden“, sagte Meyrer.

Halt geben hingegen offensichtlich vielen Menschen – auch jenen, die in einer ritenfreien Umgebung leben – die Gedenkfeiern, wie sie das stationäre Hospiz für Hinterbliebene von im Hospiz Verstorbenen anbietet. „Für uns ist es wichtig, einen Raum zu schaffen für jeden, der kommt: egal welcher Religion, Weltanschauung oder Herkunft“, sagte der Geschäftsführer der Hospiz im Ahrtal gGmbH, Christoph Drolshagen. Eingesetzt würden dabei einfache Symbole wie Licht, Kerzen und Steine, die mit den Namen der Verstorbenen beschriftet sind. Die große Resonanz zeige, dass das Bedürfnis danach bestehe. Drolshagen ermunterte dazu, noch kreativer zu sein bei den Angeboten, die Orientierungslosen Halt gäben.

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