Diakon Flohe will kürzer treten „Die versteckte Armut suchen“

WALPORZHEIM · „Diakon mit Zivilberuf“ – das war eine Aufgabe, der sich Bert Flohe aus Walporzheim 21 Jahre lang mit Herz und Hingabe gewidmet hat. „Diakone sind das Auge der Kirche, die Anwälte der Armen, der Schwachen und Gestrauchelten“, umschreibt der 77-Jährige seine nicht alltägliche Arbeit.

 Diakon Bert Flohe erteilt bei der Ahrweiler Fronleichnamsprozession den Segen. Seine eigentlichen Arbeit als Diakon, die Seelsorge, erlebten meist nur die Betroffenen.

Diakon Bert Flohe erteilt bei der Ahrweiler Fronleichnamsprozession den Segen. Seine eigentlichen Arbeit als Diakon, die Seelsorge, erlebten meist nur die Betroffenen.

Foto: Martin Gausmann

Vor einem Vierteljahrhundert, damals war er noch Zivilangestellter der Bundeswehr, hatte sich Flohe nach einer Krebserkrankung für die dreijährige Ausbildung zum Diakon entschieden und wurde am 21. Mai 1995 vom damaligen Trierer Bischof Hermann-Josef Spital geweiht.

Bis zu seinem ersten Ruhestand 1997 hat er die Aufgaben neben seinem Beruf wahrgenommen, dann 19 Jahre lang ehrenamtlich. Jetzt hat Bischof Stephan Ackermann sein Gesuch um den zweiten Ruhestand angenommen. Grund für Flohe, eine Bilanz zu ziehen. Und dabei ist er nicht zimperlich. „Arbeitslosenzahlen und andere Statistiken zeigen nicht, wo's wirklich brennt“, sagt Flohe. Er habe Kranke, Sterbende und Arme besucht, gesehen, dass es auch in einer vom Tourismus lebenden Stadt wie Bad Neuenahr-Ahrweiler Elend gibt.

„Das ist versteckte Armut“, sagt der Diakon. „Die muss man suchen. Und findet sie in vielen Straßen.“ Er berichtet von Menschen, die er mit „Schluffen“ auf dem Kirchweg sah und denen Tränen in den Augen standen, als er ein Paar neue Schuhe vorbeibrachte. Oder von der Dame, die Gutes tun wollte und dann gemeinsam mit ihm dafür sorgte, dass eine Seniorin, „fast in der Nachbarschaft“, nicht mehr zwischen zwei muffigen Sesseln schlafen musste, sondern „endlich ein Bett bekam“. „Das sind Arme, die sich nicht melden“, sagt Flohe, der für mehr Seelsorge eintritt. Sei Vorbild ist Papst Franziskus. „Die Kirche muss für die Armen da sein. Das ist mein Auftrag als Diakon. Doch dafür muss man mit offenen Augen durch die Stadt gehen, hinter die Türen schauen.“ Flohe fordert dazu jeden Katholiken auf. „Denn wir sind alle Diakone, ob geweiht oder nicht geweiht.“

Er selbst habe bei Einsätzen nie auf die Uhr geschaut. Das anerkennt auch Dechant Jörg Meyrer, der das „i.R.“ hinter Flohes Diakontitel jetzt als „in Rufweite“ interpretiert.Denn so ganz aufhören will Flohe doch noch nicht. Eben nur kürzertreten. Und weiter fordern: „Mehr Seelsorge. Wir müssen dorthin gehen, wo Menschen leiden“, unterstreicht er seinen Ruf nach mehr Basisarbeit der Kirche. Und in der Ehrenamtlichkeit sieht er die Chance „Kirche zu leben und die Kirche weiterzuführen“.

Es müsse nach dem gesunden Menschenverstand gehandelt werde, auch wenn dieser nicht immer im Einklang der Vorschrift stehe. Von Hauptamtlichen wünscht er sich da „einen noch besseren Blick für das Engagement der Ehrenamtler, deren Förderung und auch deren Wertschätzung“. Denn dann sei deren Einsatz mit Herz und Hingabe schon fast eine Selbstverständlichkeit. Getreu Flohes Weihespruch: „Ich will dienen, nicht bedient werden.“

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