Altenahr-Dernau Boßeln ist mehr als nur Kegeln auf der Straße

ALTENAHR · Rund 50 Teilnehmer übten sich in Dernau in der ostfriesischen Nationalsportart Boßeln und konnten diesem Spiel einiges abgewinnen.

 Gleich geht's los: Axel Noll kurz bevor er den Ball wirft.

Gleich geht's los: Axel Noll kurz bevor er den Ball wirft.

Foto: Gausmann

Ein Ausfallschritt, eine ausladende Armbewegung, genug Schwung, und dann: Luft anhalten. Alle Blicke folgen dem Ball. Wo bleibt er liegen? "Oh nein", stöhnt der Werfer in böser Vorahnung. "Ach komm'", meint ein Mitspieler. Und dann rollt die Kugel tatsächlich weiter weg als gedacht, nimmt unerwartet Fahrt auf und stoppt auch noch ziemlich genau in der Mitte des Zielfelds. Besser hätte es kaum laufen können. Jetzt kann sich der Werfer ein Lächeln nicht verkneifen.

Autofahrer, die sich an der Einfahrt zur Dernauer Römerstraße über das Warndreieck wundern und Passanten, denen das rege Treiben bei eisigem Wetter im Block rund um die Burgunderstraße und den Mahrweg wundern, erhalten auf Nachfrage dieselbe Antwort: "Wir boßeln", erklären die Teilnehmer vorwiegend der mittleren Altersklassen, die sich den ganzen Tag über draußen tummeln - trotz Eisregen und mehr als frostigen Temperaturen.

"Das gehört dazu", sagen sie und frönen dem ostfriesischen Nationalsport. Dazu gehören für sie auch Musik und Gespräche an einer eigens aufgestellten Getränkebude und an Heizpilzen sowie heiße und hochprozentige Getränke, aber keine Handschuhe. "Das ist was für Schlappis", sagt einer und macht sich auf zu einer weiteren Runde im Kegeln ohne Kegel, aber dafür auf der Straße.

"Rund 50 Anmeldungen" für die erste Dernauer Meisterschaft im Boßeln hat Organisator Peter Schnitzler gezählt. Neben Mitgliedern des ausrichtenden Dernauer Kegelclubs In-Team seien unter anderem Kegler aus Kalenborn und Dernau, Dernauer Fußballer und Männerballettmitglieder darunter. Der Anstoß sei gekommen, nachdem vor zwei Jahren Dernauer gegen Gäste aus Oldenburg Fußball spielten und diese die Ahrtaler in der Folge nach Norddeutschland zum Boßeln einluden. "So sind wir auf den Geschmack gekommen." Schnitzler ist durchaus bewusst, dass es an der Ahr nicht originalgetreu zugeht, aber es komme eh' mehr auf den Spaß bei der Sache an, findet er.

Mangels Meer ging es daher nicht kilometerlang am Deich entlang, sondern nur über rund 400 Meter und um drei Ecken jeweils einmal um den Block. Um den Titel des Dorfmeisters eiferten keine Teams, sondern Einzelspieler. Sie durften antreten so oft sie wollten und zogen nacheinander in Vierergruppen samt interessierten "Mitläufern" los, weil insgesamt vier anderthalb Kilo schwere Hartgummikugeln zur Verfügung standen. Deren orange, schwarze oder blaue Farbe war im weißen Schnee nicht zu übersehen. Und wenn ein Wurf mal richtig danebenging, wurden sie mit einer ebenfalls eigens erworbenen Kralle aus den Rabatten geklaubt.

"Die erste Kurve hat es in sich", waren sich die Teilnehmer einig. "Während man an der Ecke Bungertstraße/Römerstraße versuchen kann, mit einem perfekten Anpeilen des Bordsteins geschickt um die Kurve zu kommen, ist der Winkel im Mahrweg kaum mit einem Wurf zu meistern." Kegeln müsse man nicht können, um beim Boßeln erfolgreich zu sein, fand Sarah Stodden.

Und auch Christian "Meu" Poppelreuter fand, dass er nur "viel Glück" gehabt habe, als er etwa nach der Hälfte des Turniers mit sechs Würfen für den Parcours vorne lag. Ballgefühl sei vor allem vonnöten, fand ein anderer, aber alle schätzten insbesondere die Geselligkeit und den Spaß bei der Sache und die "nette Idee, im Dorf so etwas zu veranstalten".

Typisch ostfriesisch endete der Boßel-Tag beim Grünkohlessen, bei dem Normen Hess mit Pokal, Urkunde und Boßler-Figur geehrt wurde. Mit fünf Würfen wurde er Sieger vor Christian Poppelreuter (6) und Marco Kriechel (7), der sich durch Stechen beim Teebeutelweitwurf gegen zwei Konkurrenten durchsetzte. Bei den Frauen behauptete sich Monika Schnitzler (8) vor Carola Fisang (9) und Sarah Stodden (10). Ein zweites Boßel-Turnier im nächsten Jahr ist nicht ausgeschlossen.

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