"Winetre" besitzt Kostbares aus allen Epochen

Um "Krieg und Frieden" dreht sich auch in Königswinter am Sonntag der Tag des offenen Denkmals - Fast 500 Denkmäler gibt es in der Stadt - Angelika Felgenhauer berät Eigentümer

  Kriegsschäden:  Am Giebel des früheren Düssel-dorfer Hofes an der Rheinallee 14/15 sind bis heute Spuren der Schießübungen amerikanischer Soldaten zu sehen.

Kriegsschäden: Am Giebel des früheren Düssel-dorfer Hofes an der Rheinallee 14/15 sind bis heute Spuren der Schießübungen amerikanischer Soldaten zu sehen.

Foto: Frank Homann

Königswinter. "Jetzt wohn' ich schon mein ganzes Leben lang hier, aber das hab' ich ja noch nie gesehen!" Den Satz hört Werner Dahm bei seinen Altstadtführungen häufig. Wenn er mit Bürgern durch die Altstadt geht, will er ihren Blick schärfen für "die Pracht, die sie hier haben", ihnen bewusst machen, dass die Struktur der Besiedlung seit dem Mittelalter unverändert ist und dass sich in Königswinter Bauwerke aus jeder architektonischen Epoche finden - "etwas Seltenes und Besonderes", wie Dahm begeistert erzählt.

Auch am "Tag des offenen Denkmals" an diesem Sonntag nimmt der Uthweiler als Mitglied der Gruppe Kultur der Lokalen Agenda 21 teil. Hierfür hat er eine historische Einführung und Hausführung im Steigenberger Grandhotel Petersberg organisiert, die auf das diesjährige bundesweite Schwerpunktthema der Aktion, "Krieg und Frieden", eingeht.

Beim Tag des offenen Denkmals werden seit 1993 Denkmäler geöffnet, die sonst nicht allgemein zugänglich sind. In Königswinter gibt es zurzeit insgesamt 409 eingetragene Denkmäler und rund 100 weitere, die vorgemerkt sind, aber bisher nicht offiziell unter Schutz stehen.

Bei den meisten Denkmälern handelt es sich um Baudenkmäler, also Gebäude und gegebenenfalls zugehörige Garten-, Friedhofs-oder Parkanlagen. Zudem gibt es in Königswinter etwa 80 kleinere Objekte wie Wegekreuze, Prozessionsaltäre und Brunnen unter Denkmalschutz. Die dritte Gruppe bilden die 32 so genannten "Bodendenkmäler", unter ihnen zum Beispiel die Ofenkaulen, die Ringwallanlage auf dem Petersberg oder der Steinbruch am Rüdenet.

Was ein "Denkmal" und damit schützenswert ist, legt das nordrhein-westfälische Denkmalschutzgesetz von 1980 fest. Danach besteht ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung, wenn sie "bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen" sind, und wenn für die Erhaltung "künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen". Die größte Ballung solcher geschichtlich bedeutender Objekte findet sich in Königswinter in der Altstadt.

Als "Winetre" wurde sie 1015 das erste Mal urkundlich erwähnt. Seit 1342 ist der heutige Name belegt. Aus dieser mittelalterlichen Zeit sind jedoch nicht einmal eine Handvoll Gebäude erhalten. Das älteste Gebäude im Stadtkern ist der Tomberger Hof, Tomberger Straße 4.

Die meisten anderen mittelalterlichen Gebäude fielen dem großen Stadtbrand von 1689 zum Opfer, der von französischen Soldaten gelegt worden war, damit sie die Stadt ungestört plündern konnten, während die Bewohner mit den Löscharbeiten beschäftigt waren. Zu dieser Zeit war der von Winzerei, Steinhauerei und Schifferei geprägte "Flecken" Königswinter noch von einer Stadtmauer umgeben.

Der Wallgraben verlief entlang Von-Weiß-Straße, Graben- und Meerkatzstraße und umschloss so ein Gebiet von nur etwa 500 mal 200 Metern. Nach dem verheerenden Brand bauten die Bürger ihre Stadt nach dem alten Grundriss wieder auf.

Während die Arbeiter weiter in Fachwerkhäusern lebten, bauten Wohlhabendere nun prächtige, verschnörkelte Barockhäuser, wie zum Beispiel das "Haus zum Stern", "Zum Rebstock" und das "de Claer'sche Haus" an der Hauptstraße. Während also ein Krieg den Wandel der Stadt vom Mittelalter zum Barock ausgelöst hat, war der Bau der Gründerzeithäuser, die Königswinter ebenso prägen, eine Folge des Reichtums nach einem Friedensschluss.

Denn im Krieg gegen Frankreich 1871 wurde die Stadt selbst zwar nicht tangiert, sie profitierte aber von den nachher von Frankreich zu leistenden Reparationen, die die deutsche Wirtschaft ankurbelten und den Bauherren die nötigen Mittel gaben. Von Schäden des Zweiten Weltkriegs blieb Königswinter größtenteils verschont.

Beispiele für Zerstörungen sind jedoch der Berliner Hof, der sich dort befand, wo heute das Sea Life Center gebaut wird, die Longenburg in Niederdollendorf oder der Giebel des Düsseldorfer Hofs an der Rheinallee, auf den amerikanische Soldaten von der anderen Rheinseite aus Schießübungen veranstalteten. Alle Königswinterer Denkmäler finden sich in einer "Denkmaltopographie", die sie mit Fotos und kurzen Beschreibungen darstellt. Zuständig für deren Schutz ist die Stadtverwaltung als Untere Denkmalbehörde.

Als Mitarbeiterin des Baudezernats ist Angelika Felgenhauer damit beschäftigt, die Eigentümer denkmalgeschützter Objekte bei baulichen Veränderungen zu beraten und die noch nicht eingetragenen Denkmäler unter Schutz zu stellen. "Die häufigste Frage, die mir gestellt wird, ist immer die nach neuen Fenstern", berichtet Felgenhauer. Jedoch sei dies nicht so einfach. Bei Gebäuden sei nicht nur die unpassende Optik eines Kunststofffensters entscheidend, sondern vor allem seine Auswirkung auf das Raumklima.

"Gerade bei Fachwerkhäusern entstehen Schäden am Gebäude, wenn das Fenster zu stark isoliert." Im Zweifel entscheidet aber auch die Denkmalbehörde für bauliche Veränderungen, wenn sonst der Bestand in Gefahr ist. Angelika Felgenhauer: "Bevor das Denkmal sonst ganz kaputt geht, darf auch was dran gemacht werden."

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