Interview mit Andreas Herrmann "Wie ein Virus, das einen packt"

Seit Andreas Herrmann 2004 nach Rheinbach zog, hat es ihm die Geschichte der Tomburg angetan. In seiner Freizeit sichtet er Quellen und Literatur, schreibt Fachartikel und veröffentlicht seine Erkenntnisse im Internet. Im GA-Interview erzählt der 49-Jährige, was ihn antreibt.

 Viel Zeit hat Andreas Herrmann schon auf dem Tomberg verbracht, um dessen Geschichte zu rekonstruieren.

Viel Zeit hat Andreas Herrmann schon auf dem Tomberg verbracht, um dessen Geschichte zu rekonstruieren.

Foto: Johanna Heinz

Neben einem Vollzeitberuf die Geschichte der Tomburg erforschen: Warum machen Sie das?
Andreas Herrmann: Angefangen hat alles im Zuge meines Studiums. Da habe ich mich mit historischer Siedlungsgeografie beschäftigt. Außerdem hatte ich immer ein Faible für Archäologie. Mich fasziniert dieses detektivische Zusammensetzen vergangener Lebenswelten. Irgendwann kam ich auf die Tomburg und habe Quellen und Literatur gesammelt, obwohl es gar nicht so viel Material gibt. Das ist wie ein Virus, das einen packt.

Warum interessiert sich die historische Fachwelt nicht im gleichen Maße für die Tomburg?
Herrmann: Es liegt vielleicht an der geringen Bedeutung, die die späteren Herren der Tomburg hatten und an der frühen Zerstörung 1473. Außerdem ist es schlicht so, dass die Bodendenkmalpflege nur noch dort gräbt, wo Gefahr im Verzug ist.

Was fasziniert Sie an der Burg?
Herrmann: Tomberg und Burg sind ein landschaftsprägendes Element, das auch Identität stiftet. Sie finden sich ja auch als Logo auf dem Grafschafter Rübensaft wieder. Die Blütezeit der Tomburg während der Herrschaft der Ezzonen hat ein Echo hinterlassen. Es gibt Lieder, Gedichte, auch Sagengeschichten um geheimnisvolle Tunnelsysteme. Das hat sich kollektiv festgesetzt und sicherlich gibt es auch viele persönliche Erinnerungen von Menschen, die hier hochkommen. Allein aus dieser Kulturgeschichte heraus hat die Burg einen Wert und sollte geschützt werden - zumindest das, was noch da ist. Nach jedem Winter ist wieder durch Erosion und Menschen etwas mehr Substanz verloren gegangen.

Welche Maßnahmen können gegen den Verfall ergriffen werden?
Hermann: Es gibt drei unterschiedliche Interessen, die hier zusammenlaufen: Der Umweltschutz, der Tourismus und die Naherholung und eben der Denkmalschutz. Es wäre zum Beispiel möglich, die Besucherströme zu lenken, also die Wege zu befestigen, Zäune zu errichten und Hinweisschilder aufzustellen. Auch Vandalismus ist ein Problem. Hier oben gibt es alles: Lagerfeuer, Silvesterpartys. Wenn ich öffentlichen Raum sich selbst überlasse, sieht er irgendwann eben so aus.

Gab es einen besonderen Fund?
Hermann: Ich habe im Ortsarchiv in Bonn das Grabungstagebuch der bisher einzigen Grabung 1968 digitalisiert. Dort fand ich den Hinweis auf eine Madonna-Statuette, die mit großer Sicherheit aus der Zeit des Abrisses 1473 stammt. Im Zentralarchiv in Meckenheim bekam ich Gelegenheit, die Gussfigur zu fotografieren und sie in einem Aufsatz erstmals wissenschaftlich zu beschreiben. Das ist schon faszinierend: Man findet nach 500 Jahren diese kleine höchst zerbrechliche Gipsfigur zwischen den Trümmern. Wie kommt sie dorthin? Da springt die Fantasie an.

Was planen Sie für die Zukunft?
Hermann: Es lassen sich noch einige Aspekte genauer untersuchen. Man weiß beispielsweise nicht, wie die Zuwegung war und die archäologische Ausgrabung 1968 ist an einer Stelle einfach stehengeblieben. Vielleicht nicht eine großflächige Grabung, aber hier und da ein paar Suchschnitte zu machen, das wäre interessant. Ich werde versuchen, eine Art Biografie dieses Berges zu schreiben. Was würde der Berg erzählen? Also nicht aus der Sicht des Historikers, Kulturwissenschaftlers, Archäologen oder Kunsthistorikers beschreiben, sondern aus der Perspektive des Berges.

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