GA-Serie "Rheinische Redensarten" Wänn Dress zo Mess wied, well er jefahre werde

In der Serie „Rheinische Redensarten“ beleuchten wir mit Unterstützung von Dialektsachverständigen bedeutungstiefe Redewendungen.

Wenn der Kot zu Mist wird, will er gefahren werden.

Wenn der Kot zu Mist wird, will er gefahren werden.

Foto: GA-Grafik

Eine sehr schlaue Wendung ist die Rheinische Redensart, mit der wir uns heute auseinander setzen wollen. Denn hier wird ganz gezielt ein sprachliches Mittel eingesetzt, das mit der unterschiedlichen Bedeutung einer gleichen Aussage spielt.

Es geht um: „Wenn Driss ze Mess weed, will er jefahre werde.“ Das klingt in der hochdeutschen Übersetzung zunächst einmal sehr evident. „Wenn Kot zu Mist wird, will er gefahren werden.“ Wieder einmal haben wir hier ein Sprachbild aus der Welt der Landwirtschaft. Und man denkt sofort an den erst einmal minderwertigen Kuhdung, der nach einiger Lagerung zu wertvollem Mist, also Dünger für die Felder geworden ist. Der Halbsatz: „Will er gefahren werden“, versteht man erstmal als „muss oder sollte er gefahren werden“.

Tatsächlich erfährt der Satz hier eine geschickte Umdeutung, wenn er sich nämlich tatsächlich auf einen Mitmenschen bezieht. Und zwar auf einen Emporkömmling, der aus einfacheren Kreisen stammt und es zu etwas gebracht hat. Aus dem Driss ist also Mess geworden. Und weil das so ist fordert er nun, wie Mundartsprecherin Doro Wittmann berichtet, Privilegien für sich. Derjenige will also nicht mehr selbst gehen, sondern er möchte gefahren werden. Das Recht darauf bezieht er aus seiner (s.o.) gesellschaftlichen Veredelung.

Und Mundartsprecher Bernd Zettelmeyer erläutert, dass die Redewendung immer da Anwendung findet, wo sie sich auf einen Menschen bezieht, der einen gesellschaftlichen Aufstieg vollzogen hat. „Diesem sozialen Aufsteiger wird dann zu Recht (wenn ihm der Aufstieg zu Kopf gestiegen ist oder die neue Tätigkeit ihn überfordert) oder auch zu Unrecht (wenn die Reaktion der anderen Menschen mehr von sozialem Neid geprägt ist) vorgehalten, dass er „jetz jett Hüüteres“ sei und sein jetziges Verhalten nicht mehr dem entspreche, was man von ihm erwarte“, so Zettelmeyer. Manchem kann man es eben nie recht machen.

Die Artikel zum rheinischen Dialekt entstehen in Zusammenarbeit mit dem Heimatfilmer Georg Divossen (www.bönnsch-abc.de). Haben auch Sie einen Lieblingsspruch, dann mailen Sie ihn uns an rheinisch@ga.de.

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