Vulkanismus in der Eifel: Was geschieht, wenn der Laacher See explodiert?

Tsunami im Rheintal - Der RTL-Zweiteiler "Vulkan" verriet nur die halbe Wahrheit

Kreis Ahrweiler. Katastrophen füllen die Kinokassen, weiß man in Hollywood. Was die können, das können wir auch, dachte sich RTL, sah sich in der Heimat nach einem geeigneten Szenario um und wurde in der Eifel fündig.

Am Sonntag und am Montag unterhielt uns der Kölner Privatsender mit einem tricktechnisch aufwendigen, neun Millionen Euro teuren TV-Zweiteiler, der das Wiedererwachen eines Vulkans zum Thema hatte, aber bei aller Dramatik doch nur die halbe Wahrheit verriet. Falls zu einem Katastrophenfilm katastrophale schauspielerische Leistungen gehören sollten, so wurden wir zumindest von Yvonne Catterfeld und Jenny Elvers-Elbertzhagen nicht enttäuscht.

Hingegen beeindruckten Katharina Wackernagel, Armin Rohde, Heiner Lauterbach und Matthias Koeberin mit einer mimischen Präsenz, die uns fast vier Stunden lang bangen und mitfühlen ließ. Knapp ein Dutzend Schicksale beleuchtete der Zweiteiler, mehr verträgt ein Drehbuch nicht. In Wahrheit aber wären von einer erneuten Explosion des Laacher Sees Millionen Menschen von Köln bis Koblenz existenziell betroffen, verlören Wohnung und Arbeit, nicht wenige ihr Leben.

Abgesehen von einem Atomkrieg ist eine größere Katastrophe in der Bundesrepublik nicht denkbar, sagen Experten wie Wolfgang Kostka, Geschäftsführer der von Professor Hans-Ulrich Schmincke gegründeten Deutschen Vulkanologischen Gesellschaft. Sie ist auch keineswegs unwahrscheinlich und eigentlich auch wieder fällig - in 1 000 Jahren, in 100 Jahren, vielleicht auch in zehn Jahren; niemand weiß das zu sagen.

Vor 12 900 Jahren - erdgeschichtlich gesehen ein Wimpernschlag - passierte zum letzten Mal das, was eines Tages wieder passieren kann: Durch Risse in der Erdkruste, entstanden etwa bei einem Erdbeben, floss Grundwasser in den "Hot Spot", die gigantische, 1 400 Grad heiße Magma-Blase unter dem Laacher See, verdampfte augenblicklich, und da Wasser im gasförmigen Zustand wesentlich mehr Volumen benötigt als im flüssigen Zustand, explodierte unter gewaltigem Druck die Erdkruste und schoss wie ein Sektkorken in die Höhe, in einer Geschwindigkeit von 400 Metern pro Sekunde, samt Asche, Schwefel und Bims, 35 Kilometer hoch bis in die Stratosphäre.

Der Ascheregen des Vulkans, der bei dieser Explosion die Sprengkraft von rund 500 Hiroshima-Bomben entfaltete, wurde später von Wissenschaftlern in Südschweden wie in Norditalien nachgewiesen. Wochenlang blieb der Himmel über dem Rheinland verdunkelt, kein Sonnenstrahl erreichte die Erde.

Während im RTL-Zweiteiler Rettungswagen und Hubschrauber zu den Opfern eilen, versichern Experten wie der Vulkanologe Professor Ulrich Schreiber von der Universität Duisburg-Essen, dass Motoren im Ascheregen nicht mehr funktionieren - ebenso wenig wie Handys oder Sprechfunk-Geräte. DRK und THW als hilflose Helfer, zur Untätigkeit verdammt.

Teil zwei des Szenarios vor 12 900 Jahren: Glühende Magma ergoss sich in einer Geschwindigkeit von 400 Stundenkilometern aus dem Spalt, den Gesetzen der Schwerkraft folgend bergab, füllte Täler bis zum Rand, begrub ganze Wälder unter sich, wälzte sich durchs Brohltal in den Rhein und staute den Fluss südlich von Bad Breisig zum größten See Europas.

Das komplette Neuwieder Becken lief voll. Schließlich hielt der erkaltete Magma-Damm dem immensen Wasserdruck nicht mehr stand und brach, eine elf Meter hohe Flutwelle rollte durch das längst ausgetrocknete Flussbett nach Norden, von der Zerstörungskraft nur mit dem Tsunami im Dezember 2004 vergleichbar. Bonn wäre chancenlos.

Ein Ausbruch kündigt sich an. Über Monate. Sofern die Zeichen erkannt werden. Die Gasblasen aus CO2, Helium und Schwefel am Ostufer etwa. Steigt der Helium-Anteil, wird's ernst. Ferner die Temperatur des Grundwassers. Und die zahllosen kleineren Erdbeben im Neuwieder Becken. Doch behördlich verordnete Dauermessungen der drei Parameter am Laacher See gibt es ebenso wenig wie staatliche Notfallpläne.

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