Vom Feldherrnhügel zur Fußgängerzone

Vor 50 Jahren erhielt Bad Godesberg erstmals einen echten Mittelpunkt - Bis 1974 zentrale Bushaltestelle - Viele Pläne wurden erwogen und wieder verworfen

Bad Godesberg. Vor 50 Jahren begann mit der Anlage des Theaterplatzes eine neue Zeit in Bad Godesberg. Bis dahin hatte die kleine Badestadt keinen eigentlichen Mittelpunkt, obwohl schon in den 20er Jahren unter Bürgermeister Zander Startzeichen gegeben waren. Allenfalls auf der heutigen Alten Bahnhofstraße, genannt "die Rennbahn", spielte sich so etwas wie städtisches Leben ab.

Die Bürger nahmen den Auftakt für die kommenden Veränderungen ihres Stadtbildes erst wahr, als plötzlich in der bisher dichten Bebauung der Koblenzer Straße eine Abrisslücke gähnte und den Blick freigab auf ein ungeordnetes Gewirr von ungenutzten Gärten, Hinterhöfen und halb verfallenen Gemäuern.

Zuvor hatte der sprichwörtliche "Mantel der Geschichte" dieses wüste Gelände insofern gestreift, als nach Forschungen des Heimathistorikers Albert Schulte hier im Jahr 1583 der Feldherrenhügel bei der Zerstörung der Godesburg gewesen sein muss. Jetzt sollte hier die "City" entstehen in Anbindung an "die Rennbahn" und nach Westen bis zur Brunnenallee.

Nur eines stand im Weg: die Alte Apotheke, ein Prachtbau der Biedermeierzeit aus dem Jahre 1840. Der Abriss wurde zum Glück verworfen. Man ging der Apotheke sozusagen aus dem Weg, und als Entree zu dem neuen Platz entstand die heutige Theaterpassage nach einem Entwurf des Architekten Robert Wahle. Der war 1933 nach Bad Godesberg gekommen und hatte mit bemerkenswertem Einfühlungsvermögen für künftige Entwicklungen 1937 schon den markanten, gut proportionierten Bau der Sparkasse an der Rheinallee geschaffen.

Bei der Gestaltung der Theaterpassage verwandte Wahle als Baustoff die damals neuen Glasbausteine, um dem Durchgang, der zunächst nur von Vitrinen gesäumt war, Helligkeit zu geben. Zwischen der Alten Apotheke und dem historischen Gasthof "Zum Adler" blickte man auf das Stadttheater (jetzt Kammerspiele), das als erstes Theater in Deutschland nach dem Krieg 1952 in neun Monaten von dem Krefelder Architekten Ernst Huhn errichtet worden war - Signal für die Dynamik einer Stadt, die in wenigen Jahren ihre Einwohnerschaft verdoppelt hatte.

Nun wurde das lang ersehnte und im März 1949 beschlossene Zentrum Bad Godesbergs geschaffen. Abrisse an der Koblenzer Straße und der Kaiserstraße (heute Am Kurpark) ergaben die städtebaulich attraktive Achse zur Burg. Geschäfte, Wohnungen und Bürobauten entstanden rund um den Platz, den die Godesberger bald "dat düürste Järtche", das teuerste Gärtchen ihrer Stadt nannten. In einem der ersten Bauten am Theaterplatz siedelte sich der Schauspieler Paul Kemp an. Er sollte den Blick auf die Godesburg jedoch nicht lange genießen. Er starb 1953, 14 Tage vor dem Architekten Wahle.

Der Theaterplatz, erst 1955 offiziell so benannt, wurde auch zentraler Haltepunkt der sechs städtischen Buslinien mit Verkehrsinsel und Normaluhr. Diese Phase endete 1974 mit der Verkehrsneuordnung der Bundeshauptstadt Bonn, zu der Bad Godesberg 1969 eingemeindet worden war. Der gesamte Busverkehr wurde nun auf die Koblenzer Straße verlegt. An die Stelle der Verkehrsinsel kam ein Podium für öffentliche Veranstaltungen, das aber umstritten blieb und 1991 wieder entfernt wurde.

Schon 1986 hatte der General-Anzeiger eine Leseraktion gestartet, um Bürgerwünschen öffentliche Resonanz zu geben. Es ging um eine gemütlichere Atmosphäre für den Theaterplatz mit mehr Gastronomie, mehr Grün, mehr Bänken. 1989 war sogar ein kompletter Umbau des Platzes im Gespräch. Damals wurde auch der Abbruch der als unschönes Provisorium empfundenen Verkaufspavillons gegenüber dem Theater erwogen und wieder verworfen. Ebenso eine Idee des Kölner Architekten Heribert Wiesemann, wonach Arkaden mit offenen Verkaufsständen den Platz umrahmen sollten, sowie Pläne für eine zweite Passage durch das Kaufhaus Hertie, um den von Anfang an gewünschten Anschluss an die Brunnenallee und damit eine Ostwestachse mitten durch Bad Godesberg herzustellen.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: " 50 Jahre hat''s gedauert"

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