Villa Leonhart wieder markanter Mittelpunkt in Königswinter

Den Staatsmännern folgen die Manager - Aufwändige Renovierung der Villa nach Erwachen aus Dornröschenschlaf

Villa Leonhart wieder markanter Mittelpunkt in Königswinter
Foto: Volker Lannert

Königswinter. Fast scheint es so, als sei die bewegte Geschichte der Villa Leonhart weiß übertüncht worden, so rein und frühlingsfrisch wirkt sie in diesen ersten Wochen nach der aufwändigen Renovierung. Dabei haben Farbe und neues Mobiliar die bewegte, über hundertjährige Geschichte weitgehend unberührt gelassen.

Wie geplant, lassen sich seit der Eröffnung zum Jahresbeginn anspruchsvolle Gäste von Gastronom Hermann Nolden und seinen ambitionierten jungen Köchen verwöhnen. Zuletzt waren es mehrfach Mitglieder des Vorstandes der Deutschen Telekom, die in den Abendstunden in dem exponierten Anwesen an der Rheinpromenade anzutreffen waren.

Die ersten namhaften Gäste sind René Obermann und Co. allerdings keineswegs: Lange vor ihnen residierten und speisten hier Staatsmänner und Diplomaten.

Anfangs gehörte die Villa der Familie von Leonhart-Kurtzrock. Das Anwesen wurde Schauplatz der Geschichte, nachdem die Letzte dieser Linie, Freiin Sophie von Leonhart-Kurtzrock, 1935 starb.

Damals erbte die katholische Kirche das Anwesen und verkaufte es an die Nationalsozialisten. Nur kurz diente das Haus 1935/36 als Schule für Deutsche, die man wegen des Bürgerkrieges aus Spanien evakuiert hatte. Beim Umbau und der Erweiterung 1938 wich die ursprüngliche Landhaus-Form mit Stuck und Schnörkeln jenen geraden Linien und dem repräsentativen Stil mit hellen Räumen und Ähnlichkeiten zum Bauhausstil, die das Haus noch heute prägen.

Daraufhin zog Robert Ley ein, Chef der Deutschen Arbeitsfront (DAF). Der im Volksmund als "Reichstrunkenbold" bekannte Politiker nutzte das Anwesen auch für seine berüchtigten Trinkgelage, bei denen ihn, so wird berichtet, auch kein Fliegeralarm stören konnte. In der Nachkriegszeit gab es Pläne, das Haus zum Spielcasino umzubauen.

Doch daraus wurde nichts: Stattdessen wurde die Villa nach Gründung der Bundesrepublik Residenz des pakistanischen Botschafters. Mit dem Berlin-Umzug folgten zehn Jahre des Leerstands, bis die Stadt Königswinter und ihre Wirtschaftsförderungsgesellschaft das Anwesen übernahmen und im Wege der Erbpacht an Hermann Nolden übertrugen. In den beiden Obergeschossen entstanden zwei Wohnungen und der Sitz eben jener Firma, die die Sanierung des Altbaus durchgeführt hat.

Heute strahlen die Räume mit ihren Seidentapeten und Deckengemälden wieder im Glamour der 30er und 40er Jahre, was vor allem Innenarchitekt Wouter Dolk zu verdanken ist. "Ja, als Arbeitsplatz hat die Villa schon ein besonderes Flair", sagt Kathrin Mehlitz, die von hier aus für Hermann Nolden auch das Buchungsgeschäft in dessen beiden anderen Gaststätten lenkt.

Nur eines - dies jedoch ist kein Defizit der Villa - erwartet Kathrin Mehlitz noch sehnsüchtig: Den Frühling. Denn mit ihm kann auch endlich auf der Terrasse und im Park wieder Leben einkehren.

Steckbrief##ULIST##

Objekt: Villa Leonhart

  • Baujahr: 1893
  • Baustil: Zunächst Landhaus-Stil, seit dem Umbau 1938 mit Ähnlichkeiten zum Bauhaus.
  • Quadratmeter: Etwa 600
  • Früher: Wohnsitz der Familie von Leonhart-Kurtzrock
  • Heute: Speiserestaurant und Firmensitz
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