Wohnungsbau im Rhein-Sieg-Kreis Tausende Wohnungen fehlen

Rhein-Sieg-Kreis · Die Region ist ein gefragtes Zuzugsgebiet, doch die Neubau-Entwicklung kann nicht mehr Schritt halten. Der Rhein-Sieg-Kreis lässt jetzt ein Gutachten über Angebot und Nachfrage erstellen.

Neubauten am "Rebhuhnfeld": Im Mendener Feld wurde 2014 eines der letzten großen Neubaugebiete Sankt Augustins fertig.

Neubauten am "Rebhuhnfeld": Im Mendener Feld wurde 2014 eines der letzten großen Neubaugebiete Sankt Augustins fertig.

Foto: Martina Welt

Die Region wird Bevölkerungsprognosen zufolge weiter wachsen. Und damit auch die Nachfrage nach Wohnraum. Der Rhein-Sieg-Kreis will nun durch eine Wohnungsmarktanalyse herausfinden, wie groß der Bedarf wirklich ist und was daraus folgen muss. Der Wirtschaftsförderungsausschuss des Kreises hat am Dienstag beschlossen, dieses Gutachten in Auftrag zu geben. Schon jetzt zeichnet sich ab: Die Kommunen werden weiteres Bauland ausweisen müssen.

Nach den Daten des Statistischen Landesamtes IT.NRW hatte der Rhein-Sieg-Kreis zum 30. Juni 2015 rund 589.000 Einwohner – 11.000 mehr als beim Zensus 2011. Im Jahr 2040 sollen es schon 615.000 sein, während in Bonn dann 349.000 Menschen (zurzeit etwa 312.000) leben. „Das Entscheidende ist dabei aber die Zahl der Haushalte“, sagt Wirtschaftsförderer Hermann Tengler.

Denn sie ist für den Wohnraumbedarf ein wichtiger Faktor. Da zeigt die Prognose für den Kreis, vor allem aber für Bonn und Köln, einen kräftigen Anstieg weit über NRW-Durchschnitt (siehe Tabelle). Das hat nicht nur mit dem allgemeinen Zuzug, sondern auch mit veränderten Lebensbedingungen zu tun: Die Menschen werden älter und leben dabei relativ lange in den eigenen vier Wänden. Zudem nimmt der Anteil der Ein- und Zwei-Personen-Haushalte stetig zu.

Rund 2820 zusätzliche Wohnungen werden allein für Flüchtlinge gebraucht

„Wir müssen vor allem Bonn und Köln immer im Blick haben, da mit sogenannten Überschwappeffekten zu rechnen ist“, so Tengler. Heißt: Wenn in den Städten der Wohnraum fehlt oder nicht mehr bezahlbar ist, weichen die Menschen ins Umland aus, zum Beispiel in den Rhein-Sieg-Kreis. Tengler wies darauf hin, dass die hohe Zahl der Flüchtlinge in den Prognosen noch gar nicht berücksichtigt sei. Laut einer Studie des Pestel-Instituts von 2015 werden im Rhein-Sieg-Kreis rund 2820 zusätzliche Wohnungen allein für Flüchtlinge gebraucht; die Gesamtzahl liegt laut Pestel bei 4790 pro Jahr.

Ein Blick in die Daten von IT.NRW zeigt jedoch, dass die Neubau-Entwicklung im Kreis nicht Schritt halten kann. So wurden zwischen 2012 und 2014 jährlich im Durchschnitt nur 2030 Wohnungen fertiggestellt. Im selben Zeitraum wurden jährlich durchschnittlich 1554 Häuser fertig. Insgesamt ist der Bauboom in den Jahren nach 2006 abgeflaut – auch weil die für die Planung zuständigen Kommunen die Entwicklung nicht mehr forcierten, an Grenzen kamen oder andere Prioritäten setzten.

Die Fraktionen des Kreistags begrüßten, dass der Kreis eine neue Zahlengrundlage schaffen will. „Es besteht Handlungsdruck“, sagte etwa Folke große Deters (SPD), dessen Fraktion im Herbst ein Handlungskonzept Wohnen beantragt hatte. „Wir hatten schon einen Mangel an Wohnraum, bevor die vielen Zufluchtsuchenden in den Kreis gekommen sind.“ Es müsse Ziel sein, dass jeder „unabhängig von der Dicke des Portemonnaies“ eine Wohnung im Kreis finde, sagte Martin Schenkelberg (CDU). Er plädierte für eine sozial ausgewogene Entwicklung: „Wir wollen gemischte Nachbarschaften und keine Mietskasernen, die eines Tages Probleme bereiten.“ Burkhard Hoffmeister (Grüne) forderte einen Schulterschluss in der Region, wenn es ums Bauen und Wohnen geht.

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