Versorgung mit Krankenhäusern So steht es um die Kliniken im Rhein-Sieg-Kreis

Rhein-Sieg-Kreis · Die Behandlung von Patienten im Rhein-Sieg-Kreis wird auch durch die Krankenhäuser in Bonn und im Umland gesichert. Mit Spannung wird ein Gutachten des Landes NRW erwartet. Auch die Diskussion um die Asklepios Kinderklinik geht weiter.

Wie viele Krankenhäuser braucht die Region? Mit Spannung warten Politik und Klinikbetreiber auf den neuen Krankenhausbedarfsplan, den das NRW-Gesundheitsministerium derzeit erarbeitet. Das für Sommer 2019 angekündigte Gutachten, das Grundlage für die Planungen sein soll, werde voraussichtlich im September veröffentlicht, sagte eine Ministeriumssprecherin dem GA auf Nachfrage.

Im Rhein-Sieg-Kreis steht aktuell die Kinderklinik in Sankt Augustin zur Diskussion. Der Asklepios-Konzern hat Mittel aus dem Krankenhausstrukturfonds des Bundes beantragt, um entweder das Deutsche Kinderherzzentrum oder die gesamte Klinik zu schließen. Ein Blick auf die Landkarte der medizinischen Versorgung zeigt, wie viel sich in den vergangenen Jahren ohnehin schon in der Kliniklandschaft der Region getan hat.

Die kleinen kirchlichen oder städtischen Häuser sind entweder geschlossen, wie in Bornheim-Merten und Rheinbach, oder sie sind Betriebsstätte einer größeren Klinik geworden, wie das Cura Krankenhaus in Bad Honnef, das zu den GFO-Kliniken Bonn gehört. Im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis gibt es gar kein Krankenhaus mehr, die Bewohner werden in Bonn, Brühl, Wesseling und Euskirchen versorgt.

Im rechtsrheinischen Kreisgebiet arbeiten noch drei eigenständige Kliniken. Die Helios Klinik Siegburg wirbt mit dem Titel "Ihr Akutversorger im Rhein-Sieg-Kreis". Laut Geschäftsführerin Sanja Popic sind hier keine Kürzungen oder Schließungen geplant. Im Gegenteil: "Wir sind dabei, uns zu erweitern, auch wenn es nicht der Bettentrakt ist", sagte sie dem GA. Die Notaufnahme werde vergrößert, um die Versorgung der Notfallpatienten zu optimieren. "Es gibt zusätzliche Räume und ein neues MRT", so die Geschäftsführerin. Das Helios Klinikum ist breit aufgestellt. Fachabteilungen wie das Herzzentrum haben einen Einzugsbereich, der über den rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis hinausgeht. Nur eine Geburtshilfe gibt es nicht mehr: Sie wurde 2010 an die Asklepios Kinderklinik in Sankt Augustin übergeben und dort 2017 geschlossen. Auch das Eitorfer Krankenhaus hatte seinen Kreißsaal bereits Anfang 2014 geschlossen.

Babys, die heute im Rhein-Sieg-Kreis geboren werden, kommen in einer GFO-Klinik zur Welt. Die Gemeinnützige Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe mbH betreibt die GFO-Kliniken Troisdorf mit zwei Standorten und die Geburtshilfe in ihrem Bad Honnefer Krankenhaus. "Es ist ein generelles Thema der Krankenhausplanung und -finanzierung, wie es hier mit der Versorgung weitergeht", sagte Ingo Morell, Sprecher der GFO-Geschäftsführung. Die Geburtshilfe sei defizitär und mit einem relativ hohen Risiko verbunden. Deshalb sei es wirtschaftlich sinnvoll, diese Abteilungen zu schließen. Doch es gibt noch andere Faktoren: Im Marienhospital Brühl, das ebenfalls zur GFO gehört, werden pro Jahr 600 bis 700 Kinder geboren. Ein kleiner Standort, aber der einzige zwischen Köln und Bonn. Deshalb hält der kirchliche Träger daran fest. Der Anspruch im Sinne der Franziskanerinnen lautet: "Wir betreiben die Einrichtungen, um die Versorgung von Menschen sicherzustellen", so Morell. "Dafür brauchen wir wirtschaftlich solide Verhältnisse."

Schaut man auf die Landkarte, dann ist die GFO (grün) der Klinikbetreiber mit den meisten Standorten in der Region. Beispiel GFO-Kliniken Bonn: "Wir haben drei Betriebsstätten, führen das Ganze aber, als wäre es ein Haus", erklärte Morell. Synergien ergeben sich nicht nur in der Verwaltung, sondern zum Beispiel auch daraus, dass Ärzte Sprechstunden in anderen Häusern abhalten und die gesamte Anästhesie unter einer zentralen Leitung steht. "So können wir die medizinische Qualität an mehreren Standorten nutzen", sagte Morell.

Kliniken lebten jahrzehntelang in "strikter Konkurrenz"

Der Trend, dass ehemals eigenständige Kliniken unter ein Dach rücken, ist auch in Bonn zu beobachten, etwa beim Gemeinschaftskrankenhaus und den Johanniter-Krankenhäusern. "Bei einer Fusion müssen sie auch die Menschen mitnehmen", weiß GFO-Geschäftsführer Morell. So hätten die Kliniken in Troisdorf und Sieglar jahrzehntelang in "strikter Konkurrenz" gelebt. Auch mit Standortschließung hat die GFO Erfahrung, nämlich 2014 in Merten. "Wir sind wüst beschimpft worden, aber für die Versorgung der Patienten war die Verlegung nach Brühl besser", so Morell.

Zur Zukunft der Kinderklinik in Sankt Augustin hat der GFO-Geschäftsführer eine klare Meinung: "Ich glaube, dass wir auf der rechten Rheinseite auf jeden Fall eine pädiatrische Versorgung brauchen." Es sei für Eltern auch wegen der Verkehrssituation in der Region schwierig, den Bonner Venusberg zu erreichen. Der Rhein-Sieg-Kreis sei zudem Zuzugsgebiet von vielen jungen Familien. Köln und Bonn könnten eine Schließung der Sankt Augustiner Kinderklinik nicht so einfach mit auffangen. "Ob wir in Sankt Augustin auch ein Kinderherzzentrum brauchen, da mache ich mal ein Fragezeichen hinter", so Morell.

Die GFO-Kliniken Troisdorf arbeiten in der Neonatologie mit der Kinderklinik zusammen. Deshalb war der Geschäftsführer nach dem Schließungsantrag bei Asklepios im Haus, um sicherzustellen, dass Neugeborene und Frühchen aus den GFO-Kliniken auch künftig in Sankt Augustin behandelt werden. Das hatte Spekulationen ausgelöst, die GFO habe Interesse an einer Übernahme, was Morell von sich weist: "Ich bin gespannt, was jetzt passiert. Wir sind da nicht gefragt."

In Sankt Augustin gibt es unterdessen nichts Neues. "Wir hören von der Landespolitik gar nichts", sagte Asklepios-Sprecher Rune Hoffmann. Verluste, die Asklepios seit Jahren klaglos trage, würden durch den Weggang der Kinderherzspezialisten ausgeweitet. Für Sankt Augustin steht eins fest: "Wir haben ab Oktober keine herzchirurgischen Operationen mehr", so Hoffmann. Nach dem Antrag auf Mittel aus dem Krankenhausstrukturfonds "liegt der Ball jetzt im Feld der Landesregierung".

Krankenhausplanung Aufgabe der Landesregierung

Rhein-Sieg-Landrat Sebastian Schuster sagte auf Nachfrage, dass das Gesundheitsamt des Kreises weiterhin Gespräche über die Zukunft der Kinderklinik führe. Der Standort sei wichtig für die Versorgung im Kreis. Weitere Gespräche mit der Asklepios-Geschäftsführung sind laut Schuster für Anfang September geplant. "Es müssen erst neue Erkenntnisse vorliegen", so der Landrat.

Am Donnerstag hat sich auch der Ärzteverband Marburger Bund in die Diskussion um Krankenhausplanung und Vergütung eingeschaltet. "Es ist nicht akzeptabel, dass zwar hochkomplexe Fälle kostendeckend vergütet werden, aber die alltägliche Kindermedizin und Geburtsmedizin nicht ausreichend. So können Geburts- und Kinderkliniken nicht überleben", erklärten Hans-Albert Gehle (Bochum) und Michael Krakau (Köln), erster und zweiter Vorsitzender des Marburger Bundes NRW/RLP.

Auch die Krankenhausplanung sei ganz klar eine Aufgabe der Landesregierung: "Eine sinnvolle und verlässliche Klinikplanung orientiert sich konsequent an den Versorgungsbedürfnissen der Patienten in den Regionen." Abbau dürfe es nur dort geben, wo Überkapazitäten vorhanden seien. Gehle und Krakau fordern die Landesregierung auf, die Sorgen der Ärztinnen und Ärzte an der Asklepios Kinderklinik und die der Patienten ernst zu nehmen, dass durch eine mögliche Schließung im Herbst eine Versorgungslücke entstehen könnte. "Das Land NRW hat eine strukturierte und bedarfsgerechte medizinische Versorgung sicherzustellen, insbesondere auch für Kinder", so die Ärzte. Zudem müsse die Kinder- und Geburtenmedizin endlich ausreichend vergütet werden.

Eitorfer Krankenhaus meldete 2014 Insolvenz an

Dass die angekündigte Krankenhausplanung des Landes im Rhein-Sieg-Kreis zu einem Erdbeben führt, ist nicht zu erwarten, denn die Kliniklandschaft ist bereits schlank aufgestellt. Das Eitorfer Krankenhaus, das 2014 Insolvenz anmelden musste, hat sich neu orientiert und sichert seit April 2016 unter Regie der St. Franziskus Krankenhaus GmbH die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung des oberen Siegtals. Mit Blick auf die kürzlich veröffentlichte Bertelsmannstudie zur Krankenhauslandschaft sagte Landrat Schuster: "Die Standorte hier müssten eigentlich noch gestärkt werden." Ob und wo ein Ausbau stattfindet, hängt von den Plänen des Landes ab.

Auch die GFO wartet gespannt auf das Gutachten. Laut Geschäftsführer Morell wäre es sinnvoll, alle Abteilungen in Troisdorf an einem Standort zusammenzuführen und dafür in Sieglar einen Neubau zu errichten: "Aus Eigenmitteln wäre das nicht zu machen." Eine Überversorgung sieht er im Rhein-Sieg-Kreis nicht.

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