Winter in den Mittelgebirgen Schnee- und Rodeltipps für die Region

REGION · In den Mittelgebirgen zeigt der Winter seine schönen Seiten. Auf den Rodelhängen der Region kommen in diesen Tagen zwischen verschneiten Kiefern alle gleitfähigen Unterlagen zum Einsatz. Und auch eine stark bedrohte Art ist gelegentlich zu sehen.

Runter kommen sie alle. Mit großer Geste wirft sich ein junger Mann, den seine Freunde mit „Andreas“ anfeuern, in Kaltenborn-Jammelshofen unweit des Nürburgrings den Rodelhang hinunter. Ein paar Meter rutscht Andreas auf dem Bauch mehr oder minder elegant talwärts. Dann endet seine Rutschpartie unfreiwillig in einem verunglückten Purzelbaum. Die Gruppe johlt – und Andreas klopft sich den Schnee aus den Klamotten.

Die meisten, die am vergangenen Sonntagnachmittag den Weg zum Abhang der Hohen Acht auf sich genommen haben, sind besser vorbereitet. Kaum hat Sturmtief Egon in der vorvergangenen Woche zumindest die Spitzen der Mittelgebirge beschneit, haben Hunderte ihre Schlitten aus dem Keller geholt, die Kufen mit Speckschwarte oder Skiwachs präpariert und sich auf die Wintersocken gemacht.

Am Skigebiet Jammelshofen ist es wie jedes Jahr um diese Zeit zu einem mittelschweren Verkehrsinfarkt gekommen. Doch wer auf einem der Parkplätze, irgendwo am Rand der Straße, in Waldwegen oder auf verschneiten Wiesen endlich sein Auto abgestellt hat, der kann sich auf kostenlosen Rodelspaß freuen.

15 Zentimeter Neuschnee

Gut 15 Zentimeter Neuschnee haben Weg und Wiese unterhalb des Gasthauses in einen breiten Rodelhang verwandelt. Mit den Beinen abgestoßen oder einem kleinen Stups von Mama geht es in rasanter Fahrt talwärts. Dabei will richtiges Lenken schon gekonnt sein. Denn die „Verkehrsdichte“ ist enorm, und weiter unten läuft der Abhang in einem engen Trichter zusammen. Traditionsgemäß bestimmen weiterhin Davoser Schlitten aus Buchenholz mit Metallkufen das Bild, vielfach in groß-kleiner Zweierbesetzung. Zunehmend machen aber auch Erwachsene ohne Alibi-Kind aus ihrem Schlittenvergnügen keinen Hehl mehr.

Einige Schlitten haben sich selbstständig gemacht und sausen ohne ihre Besitzer abwärts. Wer anderen mögliche Blessuren und sich den langen Fußweg zum Einfangen des Schlittens sparen möchte, der bindet hinten ein Seil an. Daran lässt sich das selbstfahrende Gerät in den meisten Fällen noch packen.

Neben den klassischen Holzschlitten holen auch andere gleitfähige Untersätze auf. Wer es günstig mag, der schlittelt auf vergrößerten Frisbee-Scheiben ziemlich unkontrolliert und mit Abzügen in der B-Note abwärts. Auch die Bob-Schlitten aus buntem Plastik holen auf. Sie sind auf Gleitrillen unterwegs. Als besonders schnittig erweisen sich die Ende der 1960er-Jahre aus einer Kohlenschaufel entwickelten Zipflbobs. Sie haben einen Steuerknüppel zwischen den Beinauflagen und sind damit besonders einfach zu manövrieren. Moderne Varianten haben dort sogar eine Halterung für eine Action-Kamera.

Gewagte Rodelfahrzeuge

Und dann gibt es noch die gewagten Gefährte: aufblasbare Schlitten in der Form eines umgedrehten Gummiboots, die in den Alpen vielerorts inzwischen verboten sind, oder Pistenroller, auf denen Erwachsene stehend abfahren können. Letztere bestehen die Testfahrt allerdings kaum und wirken gegenüber einem Snowboard wie ein Rollator im Vergleich zu einem Mountainbike.

Rodeln in der Region
8 Bilder

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Auf einem Wok, wie es TV-Entertainer Stefan Raab einmal praktizierte, ist hingegen in Jammelshofen niemand unterwegs. Wer mehr als einen Rodelhügel sucht, der muss allerdings andere Bahnen wählen. Ideale Bedingungen, um Schorsch Hackl nachzueifern, bietet das Wintersportgebiet am Schwarzen Mann bei Prüm. Zwischen verschneiten Kiefern wurde hier unterhalb des Blockhauses und fernab der beiden Skipisten eine eigene Rodelbahn angelegt. In engen Kurven saust man darin einen halben Kilometer abwärts. Für Kinder gibt es eine Übungsbahn.

Am Ende wartet am Wochenende ein Schlepplift, der die Rodler auf ihrem Gefährt gegen kleines Entgelt wieder zum Ausgangspunkt zieht. Das spart viel Kraft und Zeit und verhindert außerdem, dass einem auf der Bahn ständig verwirrt dreinblickende Leute auf ihrem Weg nach oben in die Quere kommen.

Nach einigen Abfahrten lohnt sich dann noch ein Winterspaziergang zum Schwarzen Mann – einer Holzfigur – und weiter zum Fernblick hinüber in die belgischen Ardennen. Während der Schnee die meisten Überreste von Bunkern und Stellungen aus dem Zweiten Weltkrieg gnädig überdeckt, treffen Spaziergänger bisweilen auf einen selten gewordenen Zeitgenossen. Mit Augen und einer Nase aus Stein blickt ein Schneemann in den winterlichen Wald.

Ein Buchhändler aus Bayern hat 2010 eigens einen Welttag des Schneemanns ausgerufen, um auf die „bedrohte Art“ und damit auch auf die Gefahren des Klimawandels hinzuweisen. Wer selbst ein paar Kugeln aus Schnee formt und mit Mütze, Mohrrübe und Steinen dekoriert – Kohlen für die Augen gibt es ja kaum noch – der wird sicher ein wenig darüber sinnieren. Es wäre doch schade, wenn eine Schlittenfahrt bald nur noch in künstlichen Skihallen möglich wäre.

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