Schülerin vertraut der Bank und verliert ihr Geld

Bonner Landgericht sieht zwar Beratungsfehler, weist die Klage jedoch wegen Verjährung ab: Gesetzgeber verkürzte drastisch die Verjährungsfristen, weil er risikobereitere Wertpapierberater wünscht

Bonn. Wer sich bei seiner Bank in Sachen Geldanlage guten Rat holen will, der sollte einen Zeugen an seiner Seite haben - und immer die Zeit im Blick.

Denn sonst ergeht es ihm womöglich wie dem elfjährigen Mädchen, das wegen nachweislich falscher Beratung fast seine gesamte 5 000-Euro-Anlage verlor und nun vor dem Bonner Landgericht trotzdem keine Chance auf Entschädigung hat: Weil der Gesetzgeber 1998 eine kundenfeindliche Verjährungsfrist einführte, musste die 3. Zivilkammer die Klage des Mädchens gegen die Bank abweisen. Was das Gericht angesichts eines solchen Falls mit offensichtlichem Bedauern tat.

Im Februar 2000 legte die Mutter für ihre Tochter 10 000 Mark oder 5 112 Euro in ein von der Bank herausgegebenes Investmentzertifikat an, Laufzeit drei Jahre. Die Rückzahlung war an die Kursentwicklung von Aktien des Neuen Marktes gekoppelt. Böse Überraschung für Mutter und Tochter im März 2003: Das Mädchen bekam nur noch 360 Euro und 50 Cent zurück. Grund: Verfall der Aktienkurse.

Bei der Bank zuckte man nur mit den Achseln. Vor Gericht schilderte die Mutter, wie sie damals beraten worden war: Sie habe keine Ahnung von Wertpapiergeschäften gehabt, als eine Bankangestellte ihr erklärt habe, dass eine andere Anlageform mehr Zinsen bringe als das normale Sparbuch. Sie habe ihr zu dem besagten Zertifikat als sichere Alternative geraten - ohne ein Wort über mögliche Verluste oder Kursrisiken zu verlieren.

Dabei habe sie klar gemacht, dass das Geld der späteren Ausbildung der Tochter dienen solle und auf jeden Fall sicher angelegt werden müsse. Deshalb habe die Bank eindeutig ihre Pflicht zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verletzt und müsse haften.

Auch die 3. Zivilkammer befand: Hier liegt ein Beraterfehler nahe, da die Bank ein so riskantes Zertifikat nicht für die Schülerin hätte empfehlen dürfen. Von einer weiteren Klärung des von der Bank heftig bestrittenen Beratungsfehlers sah die Kammer jedoch ab - wegen Verjährung. Denn dank einer 1998 in das Wertpapierhandelsgesetz eingefügten Spezialvorschrift verjähren Schadensersatzansprüche wegen Informations- und Beratungsfehlern nicht mehr nach 30 Jahren, sondern schon nach drei Jahren.

Und zwar nicht wie im übrigen Verjährungsrecht ab Kenntnis eines möglichen Anspruchs, sondern ab Abschluss eines Geschäfts. Der Gesetzgeber verkürzte die Frist so drastisch, weil er meinte, Wertpapierberater hätten wegen der langen Haftungsfristen den Kunden nur zu risikoarmen Standardpapieren geraten. Diese Hemmschwelle sollte gesenkt werden.

Die Kammer machte klar, dass sie an diese gesetzgeberische Entscheidung gebunden sei, auch wenn dies am Ende nur zu einem führe: Mancher Kunde hat nun gar keine Chance mehr für eine - unter anderen Umständen - eigentlich erfolgreiche Klage. Aber die Kammer machte auch deutlich: Die Erfahrung aus vielen anderen Fällen zeige, dass es Kunden nur schwer gelinge, der Bank einen Beratungsfehler nachzuweisen. (AZ: 3O 371/03).

Dazu auch der Kommentar: "Verjährt und verloren"

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