Richterin: Ein schlechter Tag für die Justiz

Revisionsverfahren vor dem Koblenzer Landgericht wegen Kindesmisshandlung endet mit geringerer Strafe - Kind mit heißem Kaffee verbrüht - 33-Jährigem kann kein Vorsatz nachgewiesen werden

Koblenz. "Heute ist ein glücklicher Tag für den Angeklagten und ein schlechter Tag für die Justiz", kommentierte Richterin Monika Fay-Thiemann das Urteil gegen einen 33-jährigen Adenauer, der sich in einem Revisionsverfahren erneut wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen vor dem Landgericht verantworten musste.

Laut Anklage soll der gelernte Kfz-Mechaniker am 31. August 2003 den knapp einjährigen Sohn seiner damaligen Lebensgefährtin in deren Kesselinger Wohnung beim Frühstück mit einer heißen Flüssigkeit übergossen haben. Der Angeklagte behauptete stets, dass es sich dabei um einen tragischen Unfall gehandelt habe.

Zunächst sollte sich das Kind an der Tischdecke hochgezogen haben und dabei die Tasse mit dem Kaffee umgekippt sein. Dann wiederum gab er an, dass er an jenem Morgen "mit Drogen vollgepumpt" gewesen sei, und die Tasse aus Versehen umgestoßen habe. Fest steht, dass das Kind erhebliche Verbrennungen im Gesicht davongetragen hatte.

Das Koblenzer Landgericht schenkte der Version des 33-Jährigen in erster Instanz keinen Glauben. Die Kammer war überzeugt, dass der Angeklagte vorsätzlich gehandelt haben musste, und verurteilte ihn wegen Misshandlung eines Schutzbefohlenen zu fünf Jahren Haft.

Zwei weitere Straftaten kamen erst während des Verfahrens ans Licht. So hatte er während einer Therapie in der Ehrenwall-Klinik in Ahrweiler im März 2004 die Scheckkarte eines Mit-Patienten in seinen Besitz gebracht und damit an diversen Geldautomaten insgesamt etwa 1 500 Euro abgehoben.

Für Computerbetrug in sieben Fällen und Unterschlagung gab es noch einmal zwei Jahre Haft, so dass der Angeklagte damals zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt worden war. Gegen das Urteil legte der 33-Jährige Revision ein. Mit Erfolg.

Denn hinsichtlich des Vorwurfs der Kindesmisshandlung hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf und gab den Fall an das Landgericht zurück. Begründung: Das Gericht habe die Möglichkeit, dass der Angeklagte auch fahrlässig gehandelt haben könnte, nicht hinreichend überprüft. Damit hatte am Freitag die 9. Strafkammer des Landgerichts erneut über den Vorwurf der Misshandlung zu befinden.

Der Angeklagte ließ über seinen Verteidiger erklären, dass er unter dem Einfluss von Heroin gestanden habe, und nicht ausschließen könne, dass er die Tasse mit dem heißen Kaffee unabsichtlich berührt und sich die Flüssigkeit über dem Kind ergossen habe.

In seinem Plädoyer musste Staatsanwalt Markus Necknig feststellen, dass der ursprüngliche Tatvorwurf nicht aufrecht erhalten werden kann. Denn der Angeklagte sei der Einzige, der sich zu dem Vorfall äußern könne. Der Erklärung des Verteidigers folgend, könne dem 33-Jährigen kein Vorsatz nachgewiesen werden.

"Stattdessen hat die mangelnde Sorgfalt des Angeklagten zu den erschreckenden Verletzungen des Kindes geführt", betonte Necknig. Das Gericht folgte dem Antrag des Staatsanwalts und verurteilte den 33-jährigen Angeklagten zu einer Gesamtstrafe von dreieinhalb Jahren Haft.

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