Razzien bei Fahrschulen

60 Ermittler durchsuchten 17 Objekte in Bonn wegen Verdachts auf Großbetrug mit Führerscheinen

Bonn. Zahlreiche türkische Führerschein-Anwärter warteten am Mittwoch zwar nicht umsonst, aber vergebens auf ihren Fahrprüfer vom TÜV. Ihre Fahrprüfung fiel ersatzlos aus, denn für den Mann interessierten sich Polizei, Staatsanwaltschaft und Steuerbehörden.

Und nicht nur für den TÜV-Mitarbeiter: Auf der Spur eines großangelegten Steuerbetrugs mit Führerscheinen für türkische Mitbürger durchsuchten am Mittwochmorgen 60 Ermittler zeitgleich 17 Geschäfts- und Privaträume, darunter fünf Fahrschulen in Bonn und Umgebung.

Im Mittelpunkt des Interesses: fünf verdächtige Personen - ein Fahrschulbesitzer, besagter TÜV-Fahrprüfer und die drei Inhaber einer angeblichen Fahrschule, jedoch ohne Lizenz, in Bonn - gebürtige Türken, und zwar Vater, Mutter und Sohn. Die drei gelten nach Ermittlerangaben als Dreh- und Angelpunkt des vermuteten Betrugsmanövers mit einem Schaden, den die Steuerfahnder mit einer halben Million Euro angeben.

Wie der Sprecher der Bonner Staatsanwaltschaft, Fred Apostel, auf Anfrage bestätigte, war die Masche so einfach wie wirkungsvoll: Die sogenannte "Führerscheinfahrschule" aus Bonn warb auch in der in Deutschland erscheinenden türkischen Zeitung "Hürriyet" damit, Führerscheine in drei bis zehn Tagen beschaffen zu können, auch für problematische Fälle.

Die Kunden kamen reichlich - und zahlten eigenen Angaben zufolge auch so: Bis zu 3 000 Euro wurden am Mittwoch von den vergeblich wartenden Prüflingen als Preis für den angeblich so leicht zu erwerbenden Führerschein genannt; gezahlt worden sei an die Familienfirma aus Bonn, die selbst niemanden in der Kunst des Fahrens ausbilden durfte und konnte. Sie reichte die Kunden laut Apostel weiter an echte Fahrschulen, die nun durchsucht wurden.

Beim Finanzamt, so die Ermittler, seien jedoch erheblich niedrigere Preise für Führerscheine angegeben worden - und auch nur ein Bruchteil des wahren Kundenaufkommens. Dass die Ermittler am Mittwoch überhaupt so gezielt zuschlagen konnten, verdanken sie den Erkenntnissen einer Razzia, die bereits vor einem Jahr durchgeführt wurde im Rahmen von Ermittlungsverfahren der Bochumer und der Bonner Staatsanwaltschaft in dieser Sache. Nun werden erst einmal die am Mittwoch sichergestellten Unterlagen gesichtet und die Verdächtigen vernommen.

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