"Ohne Zeitungen keine Entscheidungsfreiheit"

In Düsseldorf nehmen sechs Journalisten den Theodor-Wolff-Preis entgegen - GA-Verleger Hermann Neusser, Vorsitzender des Preis-Kuratoriums, übt Kritik an staatlichen Eingriffen in die Pressefreiheit

  Die Gewinner:   In Düsseldorf präsentieren (von links) Stefan Geiger, Marc Brost, Karl Feldmeyer, Christine Kröger, Jens Voitel und Maxim Leo ihre Theodor-Wolff-Preise.

Die Gewinner: In Düsseldorf präsentieren (von links) Stefan Geiger, Marc Brost, Karl Feldmeyer, Christine Kröger, Jens Voitel und Maxim Leo ihre Theodor-Wolff-Preise.

Foto: dpa

Düsseldorf.Im Apollo-Theater in Düsseldorf sind am Dienstag die Theodor-Wolff-Preise der deutschen Zeitungen verliehen worden. Insgesamt wurden sechs Reporter mit den Preisen geehrt, die mit jeweils 6 000 Euro dotiert sind.

Vor der Preisverleihung äußerte Hermann Neusser, Verleger des "General-Anzeigers" und Vorsitzender des Preis-Kuratoriums, deutliche Kritik an staatlichen Eingriffen in die Pressefreiheit. "Eine Reihe von Abhör- und Durchsuchungsaktionen haben im vergangenen Jahr das Verhältnis zwischen staatlichen Instanzen und der Presse in Deutschland stark belastet", sagte Neusser. Dabei sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in keinem Fall beachtet worden.

"Ohne starke, unabhängige Zeitungen gibt es keine demokratische Entscheidungsfreiheit", mahnte Neusser. "Zeitungen sind eine Kulturleistung." Zwar habe das Internet "völlig neue Darstellungsformen wie Blogs, Wikis und die vielfältigen Informationsnetzwerke jenseits des klassischen Journalismus" geschaffen. Dies könnten die Zeitungen auch als Chance begreifen, "neue Wege zum Publikum zu finden".

Dennoch sei die Vorstellung, dass im Internet jeder Journalist sein könne, naiv. "Bei all dem geht es doch nur um subjektive Perspektiven", meinte Neusser. Dagegen stehe ein anspruchsvoller Journalismus, der Nachrichten nur nach sorgfältiger Prüfung verbreite: "Nur eine starke und unabhängige Presse garantiert den ständigen Austausch zwischen der Politik und der Gesellschaft." Es komme nicht von ungefähr, "dass die Zeitung das Medium ist, dem die Menschen das größte Vertrauen entgegenbringen".

Die renommiertesten Auszeichnungen, die die Zeitungsbranche zu vergeben hat, gingen in der Sparte "Allgemeines" an Maxim Leo ("Berliner Zeitung") für einen Beitrag über den gescheiterten Jungunternehmer Lars Windhorst sowie an Marc Brost ("Die Zeit") für ein Porträt des Vorstandschefs der Deutschen Bank, Josef Ackermann. Karl Feldmeyer, langjähriger Korrespondent der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" in Bonn und später in Berlin, erhielt den Preis für sein Lebenswerk.

In der "Sparte Leitartikel/Kommentar/Essay" wurde Stefan Geiger ("Stuttgarter Zeitung") für einen Beitrag zu staatlichen Handlungsmöglichkeiten in einer globalisierten Welt ausgezeichnet. Jens Voitel und Christine Kröger wurden in der Kategorie "Lokales" geehrt. Voitel ("Emder Zeitung") erhielt die Auszeichnung für die Beschreibung einer ganz normalen Woche am Emder Amtsgericht. Kröger ("Weser-Kurier", Bremen) wurde für einen Beitrag über die Fan- und Hooliganszene im heimatlichen Fußballstadion geehrt.

Die preisgekrönten Texte, hatte Neusser zuvor gesagt, seien "Ausdruck des Qualitätsstrebens eines ganzen Berufsstandes". Der Theodor-Wolff-Preis erinnert an den Chefredakteur des legendären "Berliner Tageblatts", Theodor Wolff (1868-1943). Wolff musste 1933 vor den Nazis ins französische Exil fliehen, wurde dort verhaftet und der Gestapo ausgeliefert. Er starb 1943 in Berlin.

Weitere Informationen und die prämierten Artikel finden Sie unter "Der Journalistenpreis der deutschen Zeitungen".

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