Nur wenige polnische Helfer kommen im Rhein-Sieg-Kreis zur Ernte

Obst- und Gemüsebauern in der Region schlagen Alarm - Arbeiter sagen kurzfristig ab

  Erntehelfer aus Polen  sind in diesem Jahr Mangelware bei den Obst- und Gemüsebauern.

Erntehelfer aus Polen sind in diesem Jahr Mangelware bei den Obst- und Gemüsebauern.

Foto: dpa

Rhein-Sieg-Kreis. Die Obst- und Gemüsebauern im Rhein-Sieg-Kreis haben drastisch zu wenig Erntehelfer. Deshalb müssen die, die da sind, Sonderschichten machen, oder die Ernte bleibt einfach auf den Feldern liegen. Große Probleme hatten schon die Erdbeerbauern, deren Arbeit inzwischen abgeschlossen ist.

Anbaugebiete sind hauptsächlich Niederkassel, Bornheim, Meckenheim und Königswinter. Zurzeit leiden die Gemüsebauern unter dem neuen Trend, dass die polnischen Erntehelfer zum Teil sehr kurzfristig von einem auf den anderen Tag absagen, oder einfach wieder abreisen. Gerade beginnt die Apfelernte, und die Probleme sind die gleichen.

Darauf weisen der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV) und der Provinzialverband Rheinischer Obst- und Gemüsebauer hin. In den Betrieben seien um die 30 Prozent der beantragten ausländischen Erntehelfer nicht erschienen und viele seien vor Beendigung der Ernte abgereist. In einigen Erdbeerbetrieben habe auf Grund der fehlenden Erntehelfer sogar teilweise nicht die ganze Ernte eingebracht werden können.

In diesem Jahr sind insbesondere die polnischen Saisonarbeitskräfte, die in der Vergangenheit den Löwenanteil der Erntehelfer im Rheinland gestellt haben, ausgeblieben. Früher stellten sie 90 Prozent der Erntehelfer, inzwischen nur noch die Hälfte.

Rund 35 Prozent kommen deshalb inzwischen aus Rumänien. Die Ursachen für den Rückgang der polnischen Erntehelfer sind vielfältig. So nutzen insbesondere viele polnische Saisonarbeitskräfte inzwischen die Möglichkeit zur langfristigen Beschäftigung in benachbarten EU-Ländern. Denn in Holland oder England können sie ganzjährig arbeiten, in Deutschland ist die Beschäftigungsdauer auf vier Monate beschränkt.

Außerdem hat sich die wirtschaftliche Lage in Polen erheblich verbessert, so dass polnische Arbeitgeber ihre Mitarbeiter nicht mehr für eine Saisontätigkeit in Deutschland freistellen. Zudem werden inzwischen in Polen Löhne gezahlt, die vergleichbar mit der hiesigen Bezahlung von Erntehelfern sind. Und der polnische Zloty hat gegenüber dem Euro enorm an Wert zugenommen.

Für polnische Erntehelfer besteht deshalb kaum Anreiz, eine Beschäftigung in Deutschland aufzunehmen. Hautnah hat diese Entwicklung der Erdbeerbauer Hermann-Josef Engels aus Niederkassel-Rheidt gespürt.

Er hatte zum Jahreswechsel 100 Saisonkräfte angeschrieben, Rückmeldung erhielt er lediglich von 60. Gekommen sind letztlich nur 30. Und manche seien nur 14 Tage geblieben und dann weiter gereist in ein anderes EU-Land.

"Wenn wir nicht hier und da Leute dabei gehabt hätten, die freiwillig länger gearbeitet haben, hätten wir ernsthafte Probleme bekommen", so Engels. Ohnehin habe er Einbußen von "mehreren zigtausend Euro" zu verkraften. "Da geht es um alles oder nichts. Wir werden unsere Flächen zurückschrauben müssen, an Expansion ist nicht zu denken."

Er hatte ohnehin schon einige seiner Erdbeerfelder von insgesamt 30 Hektar auf "Selbstpflücker" umgestellt. Dieses Jahr gab er das rote Gold dann noch zum Sonderpreis von einem Euro pro Kilo ab. "Die Menschen wollen ganz selbstverständlich Erdbeeren auf dem Tisch haben, so wie die Marktlage ist, sehe ich schwierige Zeiten kommen", so Engels.

Und weil Engels kein Einzelfall ist, fordert die Kreisbauernschaft Bonn-Rhein-Sieg eine Ausweitung der maximalen Beschäftigungsdauer der Erntehelfer auf neun Monate. Dadurch könne die Arbeit in Deutschland wieder attraktiver gemacht werden. Erforderlich seien auch Vermittlungsabsprachen mit anderen Staaten außerhalb der Europäischen Union - wie etwa Moldawien, Weißrussland und der Ukraine.

"Nur auf diese Weise können langfristig wieder genügend Erntehelfer für die Obst- und Gemüsebauern erschlossen werden", sagt Peter Muß, Vize-Geschäftsführer beim Provinzialverband.

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