Nacht-Talker Domian liest in Siegburger JVA

"Jede Stunde, die ich falsch gelebt hatte, war nicht mehr zu wiederholen". Diese Erkenntnis trifft Arne, den Protagonisten aus Jürgen Domians neuem Roman "Der Gedankenleser" wie ein Schlag.

 Lesung im Knast: Jürgen Domian in der Siegburger JVA.

Lesung im Knast: Jürgen Domian in der Siegburger JVA.

Foto: Holger Arndt

Siegburg. (cla) "Jede Stunde, die ich falsch gelebt hatte, war nicht mehr zu wiederholen". Diese Erkenntnis trifft Arne, den Protagonisten aus Jürgen Domians neuem Roman "Der Gedankenleser" wie ein Schlag.

Auch das Publikum seiner Lesung war berührt - etwa 30 Gefangene der Siegburger Justizvollzugsanstalt lauschten am Samstag den Ausführungen des Telefon-Talkshow-Moderators Domian. Der 53-Jährige las in Auszügen die Geschichte von Arne Stahl, der nach einem Blitzschlag in der Lage ist, die Gedanken seiner Mitmenschen zu lesen.

Und feststellen muss, dass ihm Frau, Freunde und Kollegen allesamt etwas vorspielen. Er ist in den Augen der anderen gar nicht der geliebte, geschätzte und vertraute Mensch, für den er sich hielt, sondern wird hintergangen. Eine enttäuschende Erfahrung, die denen, von denen Domian in rund 15 000 Gesprächen, die er mit Anrufern führte, erfuhr, nicht unähnlich sind.

Den Mann, der seit 15 Jahren Nacht für Nacht zum "Kummerkasten der Nachtschwärmer" wird und dem nichts Menschliches fremd ist, kennen die jungen Erwachsenen in der JVA. Viele haben Radio oder Fernsehen, schalten Nacht für Nacht die Sendung ein. Ihn leibhaftig vor sich zu haben und die prägnante Stimme live zu hören, machte sichtlich Eindruck.

Mucksmäuschenstill war es im Raum. Verblüffte Gesichter, als Domian bei der Begrüßung klarstellte: "Also, Jungs, hier im Knast bin ich schon oft gewesen." Der 53-Jährige verrät: "Als Gefangenenbetreuer war ich über Jahre einmal pro Woche von der evangelischen Kirchengemeinde aus in der Siegburger JVA."

Vielleicht haben die frühen Gespräche mit den Insassen ihn unbewusst auf seine spätere Karriere als den Mann, der sagt: "Ich frage die Leute alles. Und die Leute können mich alles fragen", vorbereitet. "Ich habe übrigens schon oft mit Gefangenen gesprochen, die heimlich aus der Zelle heraus bei mir angerufen haben", lachte Domian.

Die Lesung, die Teil der Siegburger Literaturwochen war, kam sehr gut an bei den "Jungs". Claus Hardung, Organisator der Veranstaltung, freute sich über das Interesse von JVA-Leiter Wolfgang Klein, der ihn nach einer Autorenlesung gefragt hatte. Für die Literaturwochen im kommenden Jahr konnte Hardung den Autor übrigens bereits gewinnen. Dann kommt Jürgen Domian mit einem neuen Buch in die Kreisstadt.

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