Mit Frischlingen Fritz und Co. ist an Schlaf nicht zu denken

Conny Radermacher versucht in Obliers, Quartett groß zu ziehen - Wildschwein-Nachwuchs muss alle zwei Stunden gefüttert werden - Nachbarmädchen Hannah hilft

  Flaschenkinder:  Gierig saugen die kleinen Frischlinge ihre Milch.

Flaschenkinder: Gierig saugen die kleinen Frischlinge ihre Milch.

Foto: Gausmann

Obliers. Einfach nur süß. Das sind die vier kleinen "Findelkinder", die derzeit bei Conny Radermacher groß und stark werden sollen. Nähert sich die 45-Jährige der Badezimmertür, kommt dahinter Unruhe auf: Getrappel, Geklapper und Gegrunze sind unüberhörbar. Der "Nachwuchs" weiß: Die nächste Mahlzeit steht auf dem Programm.

Mit vier Babyflaschen bewaffnet, öffnen Radermacher und ihre zwölf Jahre alte "rechte Hand" Hannah aus der Nachbarschaft die Tür. Und schon springen Fritz, Jonas, Laurenz und Walburga heraus und hüpfen in eine vor der Tür stehende Kiste, die mit einem rosafarbenen Bettlaken ausgelegt ist. Gierig recken die vier braun-gestreiften Frischlinge ihre Hälse nach den Flaschen und beginnen ungeduldig zu saugen.

Seit dem 28. Dezember wohnen die vier Schweinchen in Obliers. "Wir waren auf der Jagd und wollten in einem Sonnenhang beginnen. Als wir die Hunde los gelassen haben, sind sie schnell auf Wildschweine gestoßen", erklärt Johannes Radermacher. "Doch da waren überall Frischlinge dabei - bestimmt 80 Stück, zwischen zwei und acht Tagen alt", so Radermacher weiter.

Man habe die Jagd sofort abgebrochen. "Wir haben keine Bache mit Frischlingen getötet, aber die Hunde haben die Tiere natürlich angegriffen", sagt Radermacher.

Die Jäger retteten fünf kleine Frischlinge, die allesamt noch die Nabelschnur hatten und brachten sie schnellstens zu Conny Radermacher. Eins überlebte jedoch nur wenige Stunden.

Die anderen, mittlerweile etwa drei Wochen alten Frischlinge, bekommen seitdem alle zwei Stunden von ihrer "Ersatz-Mama" das Fläschchen. "Da ist Babynahrung drin. Denn was für meine Kinder früher gut war, kann für die Schweinchen nicht schlecht sein", glaubt sie.

Allerdings bringt die 45-Jährige auch jede Menge Erfahrung in der Aufzucht von Tieren mit. "Wir haben schon Mäuse, Fohlen, Rinder und Kitze von der Hand aufgezogen. Da muss man eben manchmal improvisieren", weiß sie.

Und dann ist da noch Hannibal. "Das war ein Wildschwein, das wir auch mit der Flasche groß gezogen haben. Das hat bei uns auf dem Hof gelebt, im Stall geschlafen, ging in die Gaststätte meiner Schwiegermutter oder hat sich mit dem Hund gesonnt - und es fuhr für sein Leben gerne Auto", erzählt Radermacher schmunzelnd. "Sobald die Autotür aufging, saß Hannibal schon drin. Leider ist er uns gestohlen worden."

Ob Fritz, Jonas, Laurenz und Walburga ebenfalls auf dem Hof bleiben sollen, will die 45-Jährige noch offen lassen. "Wir müssen jetzt erst einmal sehen, dass wir sie weiter aufpäppeln." Noch acht bis 14 Tage sollen die vier Frischlinge unter der wärmenden Rotlichtlampe im Badezimmer wohnen. Dabei werden die Pausen zwischen den Mahlzeiten verlängert. "Ich brauche auch mal wieder Schlaf", erklärt Radermacher.

Danach wird der kleine Wildschwein-Nachwuchs in eine Pferdebox umziehen. Doch bis dahin darf das vorwitzige Schweine-Quartett weiter mit seinen Stofftieren - ein Löwe, ein Hase, ein Zebra, ein Pferd und ein Wildschwein - spielen. Und auch die Schmuseeinheiten mit der "Leihmutter" und ihrer "rechten Hand" bleiben ein "Muss".

Frischlinge

Das Wildschwein (Sus scrofa) gehört als Paarhufer zur Familie der altweltlichen oder echten Schweine. Wildschweine sind Allesfresser, sehr anpassungsfähig und werden in Europa seit Urzeiten als Jagdwild genutzt. Die Bezeichnungen des Schwarzwildes sind Keiler für ein männliches Wildschwein, Bache für Weibchen und Frischling für die frisch geborenen Jungtiere.

Das Wildschwein durchwühlt bei der Nahrungssuche den Boden nach essbaren Wurzeln, Würmern, Engerlingen, Mäusen, Schnecken und Pilzen. Eine besondere Rolle im europäischen Verbreitungsgebiet spielen in der Nahrung von Wildschweinen die Früchte von Eichen und Buchen.

Die Tragezeit der Sauen beträgt etwa 114 bis 118 Tage ("drei Monate, drei Wochen und drei Tage"). Die Frischlinge kommen abhängig vom Futter normalerweise zwei Mal im Jahr, im Frühjahr und im Herbst, zur Welt.

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