GA-Serie "Rheinische Redensarten" Mer kann och Muhsköttele anspetze welle

Bonn · In der Serie „Rheinische Redensarten“ beleuchten wir mit Unterstützung von Dialektsachverständigen bedeutungstiefe Redewendungen.

 Man kann auch Mausekot anspitzen wollen.

Man kann auch Mausekot anspitzen wollen.

Foto: GA-Grafik

Zuweilen nimmt der Dialekt einen ganz klaren Bezug auf das Tierreich. Dann ist der Begriff als Allegorie zu verstehen. So ist es auch mit einer Rheinischen Redensart, die im Ahrgebiet verbreitet ist: „Mer kann och Muhsköttele anspetze welle.“ Zu gut Hochdeutsch heißt das: „Mann kann auch Mausekot anspitzen wollen.“ Da staunt der Laie, und der Fachmann wundert sich. Was ist wohl damit gemeint? Unser Mundartsprecher Günther Schmitt klärt auf: „Wenn es jemand allzu genau nimmt, dann will er Mausköttel anspitzen.“

Stoffwechsel-Endprodukte

Möglicherweise ist heutzutage nicht jedem bewusst, woher dieses Bild stammt. Die Stoffwechsel-Endprodukte von Mäusen haben tatsächlich eine spitze Form, ähnlich einem Getreidekorn. Das gehörte früher zur Allgemeinbildung, denn Mäuse waren ein Standardschädling auf den Bauernhöfen. Waren sie nachweisbar, drohte höchste Gefahr für die Früchte der Ernte. Und deshalb musste der Landwirt deren Köttel sofort und eindeutig erkennen.

Klein und spitz

Wenn also der Kot der Mäuse sehr, sehr klein und ohnehin schon spitz zulaufend geformt ist, dürfte es sehr schwer sein, ihn noch weiter anzuspitzen. Das gelingt nur Menschen, die äußerst „spitzfindig“ sind und die als „Korinthenkacker“ gelten. Für diese Charaktergruppe hat das Rheinische einen weiteren Begriff anzubieten: Die sind nämlich „pingelig“. Darin steckt das Wort „Ping“, also „Pein“, das so viel heißt wie „Schmerz“. Dort ist also jemand peinlich genau.

Allgemeine Umgangssprache

Das Mitmachwörterbuch des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) verzeichnet dieses Wort als „eines der wenigen originär rheinischen Mundartwörter, die in der allgemeinen Umgangssprache heimisch geworden sind.“ Es könnte gut sein, dass „der Alte“, der frühere Bundeskanzler Konrad Adenauer, mitverantwortlich dafür ist, dass das Wort auch im Norden, Süden und Osten seine populäre Verbreitung gefunden hat. Denn nicht nur einmal hat er vor laufenden Kameras gesagt: „Jetzt sind Sie doch nicht so pingelig!“

Die Artikel zum rheinischen Dialekt entstehen in Zusammenarbeit mit dem Heimatfilmer Georg Divossen (www.bönnsch-abc.de). Haben auch Sie einen Lieblingsspruch, dann mailen Sie ihn uns an .

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