"Lebenshilfe" möchte in Alfter eine Gesamtschule einrichten

Vielleicht hat die Gemeinde Alfter einen freien Träger für eine Gesamtschule in den Räumen der heutigen Hauptschule gefunden. Verantwortlich dafür wären die Alfterer Grünen, die die Initiative ergriffen und bereits ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der Lebenshilfe Bonn, Andreas Kimpel, geführt haben.

Alfter. Vielleicht hat die Gemeinde Alfter einen freien Träger für eine Gesamtschule in den Räumen der heutigen Hauptschule gefunden. Verantwortlich dafür wären die Alfterer Grünen, die die Initiative ergriffen und bereits ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der Lebenshilfe Bonn, Andreas Kimpel, geführt haben.

Laut Grünen-Vorstandssprecher Wilhelm Windhuis ist die Lebenshilfe, die mehrere Einrichtungen für behinderte Menschen in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis betreibt, "sehr interessiert" an einer Gesamtschule mit Integrationsplätzen. Die Überraschung präsentierten die Grünen in der Ratssitzung am Donnerstagabend - worauf die Vertreter der übrigen Fraktionen mit Lob für das Engagement reagierten.

Eine Schule für alle, für behinderte und nicht behinderte Kinder; eine Schule, die niemanden aussortiert. Diesen Ansatz einer echten Integration - inzwischen wird das Thema international "Inklusion" genannt - verfolgt die Elterninitiative Gesamtschule Alfter seit ihrer Gründung im Mai 2007.

Den Kontakt zu Andreas Kimpel hatten das Grünen-Ratsmitglied Stefan Möller, der als Geschäftsführer der Lebenshilfe Kreisvereinigung Ahrweiler arbeitet, und die schulpolitische Sprecherin Mechtild Wallraff-Kaiser geknüpft. Daraufhin gab es am 8. Februar ein Treffen zwischen Vertretern der Grünen und der Lebenshilfe Bonn.

Inklusion Inklusion bedeutet Einbeziehung, Einschluss, Einbeschlossenheit, Dazugehörigkeit. Der Begriff hat sich im Lauf des vergangenen Jahrzehnts zunächst im englischen Sprachraum ("inclusion"), dann nahezu weltweit verbreitet, um bestimmte gesellschaftliche Prozesse zu bezeichnen. Inklusion spielt besonders eine Rolle, wenn es um Menschen mit Behinderungen geht. Hier steht es als Synonym für "volle gesellschaftliche Teilhabe".

Die Bundesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen, Karin Evers-Meyer, definiert so: Während Integration immer noch so interpretiert werde, dass man - gewissermaßen wohlwollend - bereit sei, Menschen, die "von der Regel abweichen" in bestehende Systeme für "regelgerechte" Menschen einzupassen, gehe Inklusion von vorneherein davon aus, Gemeinsames für alle zu schaffen."Ich bin fasziniert von dieser Idee", sagte Bürgermeister Rolf Schumacher im Rat. Er hatte auch mit anderen freien Trägern positive Gespräche geführt, aber von keinem seien so konkrete Signale gekommen wie von der Lebenshilfe. Während sich die Kommunalpolitiker in diesem Punkt einig zeigten, waren die Reaktionen auf das zweite Schreiben der Bezirksregierung sehr unterschiedlich.

Der RP hatte der Gemeinde erneut mitgeteilt, dass er ihr keine Hoffnung machen könne, dem Antrag zur Errichtung einer Gesamtschule nachzukommen. Erneut zweifelte die Bezirksregierung die hohen Übergangszahlen an, die die Elternbefragung ergeben hatte, und wies sie auf die schlechte Finanzlage der Gemeinde hin.

"Wir fragen uns als Eltern und Steuerzahler, warum die Bezirksregierung eine teure und aufwändige Elternbefragung vorschreibt, die Ergebnisse der Befragung aber ignoriert", meinte Martina Salchow, Vorsitzende der Elterninitiative für eine Alfterer Gesamtschule in der Einwohnerfragestunde.

"Da die Bezirksregierung uns erst so spät geschrieben hat, handelt es sich faktisch um eine Ablehnung", so Wilhelm Windhuis. Das Verhalten der Bezirksregierung gegenüber der Gemeinde sei nicht fair. Deshalb beantragte er, den Klageweg zu bestreiten. Die anderen Fraktionen zeigten sich hier vorsichtiger.

"Unsere Finanzlage lässt sich leider nicht wegklagen", stellte Barthel Schölgens (CDU) fest. Eine Klage führe nicht weiter. "Wir dürfen die Bildung nicht wegsparen", entgegnete Michael Schroerlücke (Grüne). Alle Kommunen hätten zurzeit finanzielle Probleme, deshalb dürfe man aber nicht an der Bildung sparen.

Kommentar Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Eine Frage der Ideologie"

"Lass uns lieber die Kiste bis zur Landtagswahl offen halten", sagte SPD-Fraktionschef Georg Steinig. Eine Klage sei nichts Ehrenrühriges. Er halte sie zum aktuellen Zeitpunkt aber für kontraproduktiv, betonte Schumacher. Die Bürgermeister der Nachbarkommunen seien gesprächsbereit, und auch für die Gespräche mit freien Trägern sei eine Klage ein schlechtes Signal. Auch die Freien Wähler wollen das Verfahren offen halten.

Schließlich votierte der Rat bei einem Nein von Werner Urff (UWG) dafür, die Gespräche mit der Lebenshilfe Bonn zu vertiefen. Mit knapper Mehrheit wurde der Antrag der Grünen, gegen die Bezirksregierung zu klagen, zur weiteren Beratung in den Schulausschuss verwiesen. Außerdem beschloss der Rat, die Kosten für die notwendigen Sanierungsarbeiten in der Hauptschule Oedekoven in den Haushalt einzustellen.

Als "sehr interessant" wertet Martina Salchow eine Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe. "Prinzipiell sollte eine Schule nicht in privater Trägerschaft sein, weil dies die Gefahr birgt, Kinder auszuschließen.

Im Hinblick auf die enormen Hürden, bin ich aber nicht abgeneigt. Statt vierzügig könnten wir zweizügig beginnen, wir bräuchten keine 112 Anmeldungen und auch die Beschränkung einer Halbtagsschule fiele weg."

Lebenshilfe BonnDie Lebenshilfe Bonn mit Hauptsitz in Graurheindorf ist ein gemeinnütziger Verein, der 1959 von Eltern geistig behinderter Kinder und interessierten Fachleuten gegründet wurde. Sie versteht sich als Elternvereinigung, Fachverband und Trägerin von Einrichtungen für Menschen mit geistiger Behinderung.

Der Verein hat 720 Mitglieder und beschäftigt rund 400 Mitarbeiter. Er betreibt in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis sechs Wohnheime für Menschen mit Handicap und zwei Kindertagesstätten, unter anderem eine integrative Kita in Rheinbach. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe gibt es seit 1958. Die Gießener Lebenshilfe ist Trägerin der dortigen Sophie-Scholl-Schule, die ebenfalls einen integrativen Ansatz verfolgt.

Weitere Informationen unter www.lebenshilfe-bonn.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort