"Jetzt vergewaltigen wir dich"

Sie wollen kein Wort sagen, die beiden Männer, die in Handschellen in den Gerichtssaal im Euskirchener Amtsgericht gebracht werden. Was sie als Häftlinge im Rheinbacher Gefängnis im Frühjahr 2009 einem Mithäftling angetan haben sollen, erinnert im Ansatz erschreckend an den Foltermord-Fall von Siegburg.

Rheinbach/Euskirchen. Sie wollen kein Wort sagen, die beiden Männer, die in Handschellen in den Gerichtssaal im Euskirchener Amtsgericht gebracht werden. Was sie als Häftlinge im Rheinbacher Gefängnis im Frühjahr 2009 einem Mithäftling angetan haben sollen, erinnert im Ansatz erschreckend an den Foltermord-Fall von Siegburg.

Auch diese beiden 27 Jahre alten reichlich vorbestraften Angeklagten sollen ihr Opfer gequält, gedemütigt und misshandelt haben. Dass sie den 28-Jährigen auch vergewaltigt haben könnten, erkannte der zuständige Oberstaatsanwalt, der aus dürftigen Ermittlungsergebnissen und einer kurzen Vernehmung des Zeugen eine nicht minder dürftige Anklage zusammenschrieb, nicht.

Vor Gericht muss er diese Anklage nun nicht selbst vertreten, er ist mittlerweile im Ruhestand. Sein Kollege Michael Hermesmann hat nun die undankbare Aufgabe, den Fall, der seit sechs Monaten durch die Instanzen gereicht wird, zu vertreten. Zuerst wurde der Fall zum Einzelrichter in Rheinbach angeklagt. Der befand, dass seine Strafgewalt von zwei Jahren nicht ausreicht, verwies ans Euskirchener Schöffengericht mit vier Jahren Strafgewalt, und auch das ist, wie sich zeigt, nicht die letzte Instanz.

Die Anklage gegen die Männer, beide unter anderem wegen Raubes verurteilt, lautet: Sie zwangen ihr Opfer ab Mitte April 2009 mit Drohungen, ihre Exkremente zu essen und ihren Urin zu trinken, sie zwangen den Zellengenossen zwei Mal ihr Handy in seinem Darm zu verstecken und steckten ihm später einen Besenstiel in den After. Die Angeklagten schweigen.

Also ist der Zeuge gefragt. Dem 28-Jährigen, der im Beistand seines Anwalts erscheint, ist anzusehen, wie unangenehm ihm die Begegnung mit den Angeklagten ist. Und das Reden über die Taten. Also beantragt sein Anwalt, die Öffentlichkeit auszuschließen. Dreieinhalb Stunden wird der Zeuge vernommen, und als sich die Türen wieder öffnen, sehen die Angeklagten blass aus.

Richter Fabian Krapoth teilt mit, was der Zeuge, am Ende auch unter Ausschluss der Angeklagten, schilderte: Beim Kartenspielen fing es an. Erst sei er auf die Finger, dann auf den Körper geschlagen worden. Sie hätten ihm eine brennende Zigarette in den Nacken gedrückt, ihn ihre Exkremente essen und trinken lassen. Und 40 Mal habe er ihr Handy samt Ladegerät den ganzen Tag im Darm verstecken müssen. Obwohl sie gewusst hätten, dass er Schmerzen hatte.

Am 5. Juni hätten sie gesagt: "Jetzt vergewaltigen wir dich." Sie hätten ihm den Besen in den Körper gestoßen. Und gelacht. Tags drauf vertraute er sich einem Wärter an.

Für Gericht und Staatsanwalt steht fest: Entgegen der Anklage, die nur von Körperverletzung und Nötigung spricht, ist das Geschilderte eine besonders schwere Vergewaltigung, Mindeststrafe fünf Jahre. Und weil dafür die Strafgewalt des Schöffengerichts nicht reicht, verweist Richter Krapoth den Fall ans Bonner Landgericht. Dort muss der Zeuge demnächst erneut eine quälende Vernehmung über sich ergehen lassen.

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