Interesse für die "kleinen Tsunamis" wecken

Experten diskutieren in Bonn über Krisenhilfe - Kleine Projekte sollen sich eingliedern aber nicht unterordnen - "Mit Cuddalore könnte sich langfristig eine Projektpartnerschaft entwickeln"

  Gesprächsrunde:  Hans-Joachim Preuss, Daniela Peulen, Joachim Westhoff, VENRO-Geschäftsführerin Ulla Mikota, Bernhard von Grünberg (SPD) und Ulrich Nitschke (von links).

Gesprächsrunde: Hans-Joachim Preuss, Daniela Peulen, Joachim Westhoff, VENRO-Geschäftsführerin Ulla Mikota, Bernhard von Grünberg (SPD) und Ulrich Nitschke (von links).

Foto: Frommann

Bonn. Die Hilfsbereitschaft war enorm und beispiellos. Nach der Tsunami-Katastrophe spendeten die Deutschen in ungekanntem Ausmaß für die Krisenregion in Südostasien. "Die Spender haben jetzt hohe Erwartungen", sagte Adolf Kloke-Lesch vom Bundesministerium für Entwicklung am Freitag in Bonn.

Wie das Geld sinnvoll eingesetzt werden kann, wie kleine und große Hilfsorganisationen zu diesem Zweck effektiv zusammenarbeiten können und wie die Hilfe für die Region langfristig weitergehen kann, darüber diskutierten Entwicklungshelfer, Netzwerk-Experten und Politiker am Freitag vor rund 90 Zuhörern auf einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung, moderiert von GA-Chefredakteur Joachim Westhoff.

"Die Solidarität muss gut, schnell und effizient organisiert werden", sagte Ulrich Nitschke, Leiter von InWEnt, einer Servicestelle zur Vermittlung von Hilfsangeboten und möglichen Empfängern. Die Helfer in Südostasien müssten sich absprechen und über die Situation vor Ort beraten werden. Damit nicht zum Beispiel übermäßige Kleiderspenden die dortige Textilindustrie schädigten.

Allein in Sri Lanka seien derzeit 1 200 nationale und lokale Organisationen tätig, so Kloke-Lesch. Eigene Ideen kleinerer Organisationen müssten daher mit übergeordneten Strategien verbunden werden. Dabei dürften sich die kleinen den großen allerdings nicht unterordnen, sondern in einer Kooperation ihre Stärken ausspielen, sagte Daniela Peulen vom Eine-Welt-Netz NRW.

Regionale Projekte profitierten oft von ihrer Öffentlichkeitsarbeit in ihrem Ursprungsort. Viele Menschen identifizierten sich mit deren Arbeit - große Hilfsorganisationen könnten das nicht leisten.

Beispielhaft stellte Maria Hohn-Berghorn vom Referat für Internationale Angelegenheiten der Stadt Bonn die Projekte kommunaler Entwicklungszusammenarbeit der Bundesstadt vor, die sich von der Mongolei bis nach Bolivien erstrecken.

Von gemeinsamen kulturellen Projekten, Jugendprogrammen und dem Austausch zwischen den Stadtverwaltungen profitierten beide Seiten. "Mit Cuddalore könnte sich langfristig eine ähnliche Projektpartnerschaft entwickeln", sagte Hohn-Berghorn. Über die Aktion "Bonn hilft Cuddalore" sind Spenden in den vom Tsunami betroffenen indischen Ort geflossen.

Die große "Welle der Solidarität" sei zwar inzwischen abgeebbt, "entscheidend ist, dass es jetzt ein generell höheres Interesse für Krisenregionen als zuvor gibt", sagte Hans-Joachim Preuss, Generalsekretär der Deutschen Welthungerhilfe. Das dürfe sich allerdings nicht nur auf Südostasien beschränken. "Alle zwei bis drei Wochen gibt es einen “kleinen Tsunami„ - wie eine Hungersnot", sagte Preuss.

Damit die Spender am Ball bleiben, sehen viele Experten nun eine neue Aufgabe für die Hilfsorganisationen. "Wir müssen Transparenz darüber schaffen, was aus dem Geld geworden ist", forderte InWEnt-Leiter Nitschke.

Um das zu erreichen, müsste ein Teil der gesammelten Spenden in den Aufbau von Beratungsstellen in den Hilfsorganisationen investiert werden. Dass die Bereitschaft der Spender, für interne Strukturen und politisches Lobbying der Organisationen Geld zu geben, sehr gering sei, mahnte Preuss dagegen an.

Alle Infos zur Aktion "Bonn hilft Cuddalore" finden Sie hier

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