Maibaum-Tour Im Wald halten Männer zusammen

Bonn/Region · Alleine einen Maibaum aufzustellen ist nicht nur "langweilig", wie Sebastian Bea und Kevin Haas finden, sondern ab einer bestimmten Baumgröße auch schier unmöglich. Als sie am Vorabend der Mainacht die sieben Meter hohe Birke am Haus von Sebastians Freundin Janine Hermann in Berzdorf befestigen, haben sie schon einige Stunden und Kilometer mit dem Brauchtum verbracht.

Geschlagen haben sie die Maie im Pfarrwald von Sankt Petrus im Kottenforst. "Einen Maibaum fertig zu kaufen und nicht selbst zu fällen ist unmännlich", urteilt Sebastian (21) über die vielen Plätze in Bonn, an denen es sogar geschmückte Bäume gibt. Trotzdem sind die beiden hilfsbereit, als Alex von Frankenberg in Lederschuhen, Cordhose und Jackett über den matschigen Waldboden zielstrebig auf sie zumarschiert.

"Hallo, würdet ihr mir einen Baum abgeben?", fragt der gebürtige Stuttgarter, der seit einigen Jahren in Bad Godesberg lebt und zum zweiten Mal nach rheinischem Brauch einen Maibaum stellen will. "Nehmen Sie den hier, den haben wir zu viel", antwortet Kevin (26) und überreicht eine schmale Birke.

Selbst beim dritten Jugendlichen, der sich Säge und Axt ausleihen will, helfen sie aus. "Irgendwie müssen wir hier ja alle zusammenhalten", sagt Sebastian, der seit seinem 16. Lebensjahr Maibaumwache macht, mittlerweile aber wegen seines Berufs keine Zeit mehr dafür hat. Wer gar nicht weiß, wie man einen Baum fällt, kann sich auch an Christoph Jung wenden. Er ist einer von drei offiziellen Baumfällern der Pfarrgemeinde in Lüftelberg, die mit Motorsägen unterwegs sind und aufpassen, dass sich die Männerhorden nicht "wie die Axt im Walde benehmen". "Da passieren schon kuriose Dinge", sagt Jung.

[kein Linktext vorhanden]Letztes Jahr sei beispielsweise jemand eine halbe Stunde nach Schluss gekommen und habe einen vier Meter hohen Baum stehend im Schiebedach transportieren wollen. Brenzlige Situationen erlebe er immer wieder - weshalb er nur in voller Schutzmontur zu Werke geht. Sebastian und Kevin fällt beinahe die Birke eines anderen auf den Kopf. "Man muss halt immer aufpassen, meistens warnen wir uns gegenseitig", so Kevin. Meistens.

Maibaum stellen
23 Bilder

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Als die beiden Bäume - der für Kevins Freundin Manuela Titel ist eher ein Ast, weil er auf den Balkon passen muss - aus dem Wald geschleppt sind, geht es zu Kassierer Günther Schwarte. "Jeder Baum kostet 15 Euro, alles fließt in die Arbeit von Sankt Petrus", erzählt er. Manchmal lässt er auch mit sich handeln. Etwa mit einer Gruppe, die acht Bäume auf einmal kauft. Satte 30 Prozent Rabatt können die Jungs herausschlagen. Für ein paar Euro mehr gibt es auch geschnittenes Krepp-Papier für den Baumschmuck. Das brauchen Sebastian und Kevin nicht, sie haben sich gut vorbereitet.

Entstanden ist der Maibaumverkauf im Pfarrwald schon vor Jahren, nachdem ein Sturm das Waldstück am Bahnhof Kottenforst verwüstet hatte. "Wir entschieden uns für eine natürliche Aufforstung", erklärt Günther Schwarte. So wuchsen viele Birken, die nun Jahr für Jahr an unterschiedlichen Stellen gefällt werden dürfen. Etwa 150 Bäume sind diesmal weggegangen. "Die meisten Männer kommen nach 18 Uhr, wenn die anderen Verkaufsstellen geschlossen haben", berichtet Schwarte.

Um diese Zeit haben Kevin und Sebastian ihre Bäume bereits auf den kleinen Anhänger geladen und mit drei Spanngurten festgezurrt. "Vorsichtshalber haben wir fünf mitgebracht, aber das hält so. Nur über die Autobahn fahren wir nicht", sagt Sebastian. An die Krone hängen sie - ganz vorbildlich - eine rote Fahne, um das hintere Ende des Gespanns für die anderen Verkehrsteilnehmer zu kennzeichnen. Und für den Fall, dass die Polizei sie anhält, um zu kontrollieren, woher die Bäume stammen, hat Günther Schwarte ihnen eine Quittung ausgestellt.

In Berzdorf angekommen, machen sich die Freunde in der Hauseinfahrt ans Schmücken der Baumkrone. Sebastian hat extra ein Herz aus roten und weißen Papierrosen anfertigen lassen. "Es ist natürlich Tradition, aber eben auch ein Liebesbeweis, für den man sich gerne Mühe gibt", so Kevin. Damit die Überraschung funktioniert, haben sie die Freundinnen zum Kaffeetrinken geschickt.

"Das war schon sehr offensichtlich", sagt Kevin und grinst, während er mit Kabelbindern den Baum am Regenrohr befestigt. Auf die Belohnung für die harte Männer-Arbeit freut er sich schon: das Lächeln seiner Freundin.

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