GA-Serie: "Rheinische Redensarten" Ich han ene Hals bes Muffendorf

Bonn · In der Serie „Rheinische Redensarten“ beleuchten wir mit Unterstützung von Dialektsachverständigen bedeutungstiefe Redewendungen.

 Ich habe einen Hals bis Muffendorf.

Ich habe einen Hals bis Muffendorf.

Foto: GA-Grafik

Wer sich mit den Feinheiten, des Dialekts auskennt, der kann von der Aussprache einzelner Wörter auf die genaue Herkunft des Sprechers schließen. Teilweise wechseln Lautfärbungen und Konsonantenartikulation von Ort zu Ort. So wird etwa das „O“ in Richtung Westen, zur Eifel hin, immer offener und breiter gesprochen. Es gibt aber auch ganz lokale Eigenheiten, die nur in einem begrenzten Umfeld zum allgemeinen Sprachgebrauch gehören.

Begrenztes Umfeld

So ist es mit unserer heutigen Rheinischen Redensart. „Ich han ene Hals bes Muffendorf“, verstehen in der Kernaussage vor allem die Godesberger, oder besser die „Bad Godesberger“. Wörtlich ins Hochdeutsche übersetzt heißt das: „Ich habe einen Hals bis Muffendorf.“

Passende Unmutsäußerung

Der erste Teil des Satzes ist auch in anderen Gegenden gebräuchlich und bezeichnet das unangenehme Gefühl, wenn man mit etwas nicht einverstanden ist, die passende Unmutsäußerung aber unterdrückt. Die bleibt im Hals stecken und macht ihn dick. Man sagt dann auch: „Ich habe einen dicken Hals.“ Und der führt in sekundenschnelle dazu, dass man nicht mehr atmen kann.

Zornig vor dem dem Explodieren

Unsere Mundartsachverständigen wissen davon zu berichten, dass sie in so einem Fall „ zornig und kurz vor dem Explodieren sind“. Liesel Lorscheidt erläutert: „Wenn ich mich ärgere, aber es nicht herauslassen kann.“

Biblische Zahlbegriffe

Um dem Gegenüber klar zu machen, wie dick der Hals geworden ist, greift man dann zu drastischen Formulierungen. Dann geht der Hals bis Muffendorf. Das ist für den Kerngodesberger weit, weit weg. Und das darf nicht nur geografisch verstanden werden, sondern auch kulturell. „Muffendorf war immer ein anrüchiges Viertel“, sagt Dialektsprecher Ernst Mainusch. Muffendorf ist also die Chiffre für eine endlose Entfernung, die kaum noch zu toppen ist. Vielleicht würde sich der Satz heutzutage, in Zeiten der Globalisierung, nicht mehr so ohne weiteres etablieren. Aber bereits aus der Bibel kennt man Zahlbegriffe, die praktisch die Unendlichkeit symbolisieren. So etwa die „Tausend“. Insofern ist Muffendorf gefühlt tausend Kilometer entfernt.

Die Artikel zum rheinischen Dialekt entstehen in Zusammenarbeit mit dem Heimatfilmer Georg Divossen (www.bönnsch-abc.de). Haben auch Sie einen Lieblingsspruch, dann mailen Sie ihn uns an rheinisch@ga.de.

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