Hunderte Polizisten suchen nach flüchtigen Schwerverbrechern

Intensive Suche nach den beiden Männer auch im Camp Spich nahe Altenrath und im Kreis Neuwied

Region. Nach dem Ausbruch von zwei äußerst gefährlichen Schwerverbrechern aus der Justizvollzugsanstalt Aachen sucht die Polizei mit Hochdruck nach dem beiden Flüchtigen - und das auch in der Region.

Gleich mit drei Hundertschaften und zusätzlich rund 40 Beamten aus dem Rhein-Sieg-Kreis durchkämmte die Polizei am Freitagnachmittag das weitläufige Gelände im so genannten Camp Spich nahe Altenrath. Eine Frau hatte beobachtet, wie zwei Männer ein Loch in die Umzäunung der ehemaligen belgischen Kaserne geschnitten hatten und verständigte die Polizei.

Zunächst wurde rund ein Dutzend Streifenwagen zu dem Gelände geschickt, um das Gebiet zu sichern. Zur Unterstützung wurden drei Hundertschaften der Polizei nach Troisdorf beordert. Während am Boden die Beamten nach den Flüchtigen suchten, kreisten am Himmel zwei Polizeihubschrauber.

Um 16.35 Uhr wurde dann ein Mann festgenommen, dessen Identität aber noch nicht geklärt ist. Der Mann hatte keinen Ausweis bei sich.

Eine ähnliche Suchaktion fand zur gleichen Zeit nur einige Kilometer weiter entfernt statt: Zeugen hatten der Polizei mitgeteilt, sie hätten die Schwerverbrecher vor einem Baumarkt in Dierdorf gesehen. Der Hinweis auf die beiden bewaffneten Männer sei "sehr konkret" gewesen, so die Polizei. Die Ermittler stuften die Beobachtungen vom Freitagvormittag als "ernstzunehmend" ein, eine Großfahndung mit Kontrollen an mehreren Knotenpunkten und auf überregionalen Verkehrsverbindungen blieb jedoch erfolglos.

Die JVA AachenIn der Justizvollzugsanstalt (JVA) Aachen gelten besonders hohe Sicherheitsstandards. Dort verbüßen vor allem zu längerer Haft von zwei und mehr Jahren verurteilte Täter ihre Strafe. Die Anstalt des geschlossenen Vollzugs wurde im Jahr 1994 in Betrieb genommen, 2004 erweitert und galt damals als eines der modernsten Gefängnisse Europas. Die JVA bietet Platz für etwa 684 männliche Straf- und Untersuchungsgefangene.

Auch etwa 50 zu Sicherungsverwahrung verurteilte Schwerverbrecher sitzen dort ein. Zudem gibt es eine Abteilung der Sozialtherapie mit etwa 35 Bewohnern. Die jährlichen Kosten der JVA werden mit etwa 25 Millionen Euro angegeben. In dem Gefängnis sind rund 380 Bedienstete beschäftigt. Unter ihnen sind etwa 300 Justizvollzugsbeamte. Die Justizvollzugsanstalt Aachen wird seit November 2008 von der Juristin Reina Blikslager geleitet.

Gegen 17.15 Uhr dann die Entwarnung: Bei den in Dierdorf gesehenen Personen handelte es sich zweifelsfrei nicht um die entwichenen Straftäter aus der JVA Aachen. Mindestens einer der beiden in Dierdorf festgestellten Personen hatte jedoch tatsächlich große Ähnlichkeit mit einem der Entwichenen. Zudem waren die Personen mit einem Pkw mit Aachener Kennzeichen unterwegs. Die Ergebnisse der Fahndung wurden inzwischen mit den beim federführenden Polizeipräsidium Aachen vorliegenden Informationen abgeglichen.

Die beiden als Mörder und Geiselgangster verurteilten Männer waren aus dem Aachener Gefängnis geflohen - vermutlich mit Hilfe eines Wärters. Der Bedienstete sei am Freitag unter dem Verdacht der Gefangenenbefreiung festgenommen worden, sagte Nordrhein-Westfalens Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU).

Die beiden extrem gefährlichen Schwerverbrecher hatten am Donnerstagabend fünf verschlossene Türen mit einem Schlüssel überwinden können. Heckhoff und Michalski hatten an der Außenschleuse des Gefängnisses gegen 20 Uhr einen weiteren Wärter überwältigt, der gerade von einer Kontrollfahrt zurückkam. Sie fesselten den Mann mit Handschellen und knebelten ihn.

Aus einem Tresor in der Pforte der Anstalt raubten die zu Höchststrafen verurteilten Verbrecher zwei Pistolen und je acht Schuss Munition. In der Justizvollzugsanstalt Aachen gelten besonders hohe Sicherheitsstandards. Es ist der erste Ausbruch aus diesem Gefängnis überhaupt und der erste in Nordrhein- Westfalen in diesem Jahr.

Portraits Brutale Täter lebten fast nur im Knast

Mit einem Taxi, das nach ersten Erkenntnissen zufällig vor der Anstalt hielt, entkamen die Männer. Gegen 20.20 Uhr schlugen zwei Justizvollzugsbeamte Alarm, als sie das Gefängnis nicht verlassen konnten, weil der Beamte in der Pforte nicht ansprechbar und verwirrt gewesen sei. Er wurde in eine Klinik gebracht und habe möglicherweise unter Schock gestanden.

Aktuell Flüchtige zuletzt in Essen gesichtet

Die Gewalttäter fuhren mit dem Taxi nach Kerpen und stiegen dort mitsamt dem Fahrer in ein zweites Taxi um, das sie nach Köln brachte. Dort verliert sich auf dem Bahnhofsplatz ihre Spur. Für die Fahrt nach Köln hätten die Männer bezahlt und die Fahrer auch nicht bedroht, sagte der Aachener Polizeipräsident Klaus Oelze. Warum der erste Fahrer freiwillig mit nach Köln gefahren sein soll, konnte Oelze nicht erklären.

Die Polizei verteilte Fotos der beiden Flüchtigen an Taxi- Zentralen, informierte Krankenhäuser und verschärfte die Kontrollen an Bahnhöfen und Flughäfen. "Das sind zwei hochgefährliche Männer, gewalttätig und bewaffnet. Bitte keine Heldentaten!", warnte Oelze die Bevölkerung.

(Mit Material von dpa)

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