Hank lagerte Speers Bilder in der Garage

KÖNIGSWINTER · Der ehemalige Königswinterer Bürgermeister Günter Hank hat Ende der 70er Jahre die Gemäldesammlung von Albert Speer in Mexiko aufgespürt und nach Königswinter geholt, wie er jetzt dem General-Anzeiger berichtete.

 Günter Hank, hier an seinem 80. Geburtstag 2010, reiste Ende der 70er Jahre nach Mexiko.

Günter Hank, hier an seinem 80. Geburtstag 2010, reiste Ende der 70er Jahre nach Mexiko.

Foto: Frank Homann

Nach einem Treffen mit Hitlers Rüstungsminister und Architekten wurden die Werke vom Kölner Auktionshaus Lempertz anonym versteigert. Bei der Sammlung handelt es sich möglicherweise um Raubkunst, die von den Nazis in den Jahren 1933 bis 1945 entwendet wurde.

Der ehrenamtliche Bürgermeister Hank (1969 bis 1990) war im Hauptberuf Rechtsanwalt und Testamentsvollstrecker von Robert Frank, einem engen Freund Speers, und dessen Frau Marguerite. Als die russische Armee vor Berlin stand, übergab Speer die Gemälde seinem Freund Frank, um sie in Sicherheit zu bringen.

Die Franks wanderten nach Mexiko aus und deklarierten die Sammlung als verbrannt und verschollen. Das war jedoch nicht die Wahrheit, so Hank. Als Speers Freund und seine Frau nach Deutschland zurückkamen, wohnten sie in der Straße "Am Sperrbaum" in Bad Honnef.

Dort starb Frank Anfang der 60er Jahre. 1978 schloss auch seine Frau im Bad Honnefer Krankenhaus für immer die Augen. Hank hat Frank nie kennengelernt, wohl aber dessen vermögende Frau, die er beriet. Nach ihrem Tod wurde er ihr Testamentsvollstrecker. Im Nachlass fand der Anwalt Belege für eine jährliche Überweisung an eine Spedition in Mexiko, die er sich nicht erklären konnte.

Hank ließ seine Frau Hildegard, die Spanisch spricht, dort anrufen und erfuhr so, dass auf dem fernen Kontinent zwei Container, vermutlich mit Möbeln der Eheleute Frank, gelagert wurden. Die Hanks reisten daraufhin auf Kosten des Nachlasses nach Mittelamerika und ließen die Container öffnen.

"Da waren die Gemälde drin", so Hank. Nach Rücksprache mit den Frank-Erben sei sogleich klar gewesen, dass der Kunstschatz versteigert werden soll. Und zwar in Deutschland. "Dass die Gemälde aus der Speer-Sammlung waren, wusste ich da noch nicht. Sonst hätte ich das sicher anders gehandhabt", sagt der 81-Jährige heute. Als die beiden Container in Königswinter eintrafen, lagerte Hank deren Inhalt in zwei Garagen bei seinem damaligen Haus an der Rheinallee ein.

Zum Entsetzen eines Mitarbeiters des Kölner Auktionshauses, der über den profanen Aufenthaltsort des Kunstschatzes empört war und ihn sogleich nach Köln überführte. Die Kölner Kunsthändler waren von der Qualität der Werke überrascht. Unter ihnen befanden sich ein Böcklin, ein Schinkel und ein Schirmer - schöne Arbeiten vor allem aus der Frühromantik.

Keine Zweifel gab es bei Böcklins "Campagna Landschaft" aus dem Jahr 1859, die sich eindeutig dem Werkverzeichnis zuordnen ließ. Das Gemälde wurde dort, so wie die gesamte Sammlung von Albert Speer, als verbrannt geführt. Als der Mitarbeiter des Auktionshauses bei Speer anrief, um die Besitzverhältnisse zu klären, soll der ehemalige Rüstungsminister den Hörer sofort aufgelegt haben. Speer, der in den 70er Jahren noch als der "gute Nazi" galt, war offensichtlich um seinen Ruf besorgt und an äußerster Diskretion interessiert.

Daraufhin traf sich Hank am 4. Februar 1979 mit Speer, dessen Anwalt und dem Auktionator in einem Heidelberger Krankenhaus. Den Tag weiß Hank noch so genau, weil die Widmung Speers in dessen Autobiografie "Erinnerungen", die Hank nach Heidelberg mitgenommen hatte, dieses Datum trägt.

"Speer konnte keinen Eigentümernachweis erbringen, nur die eidesstattliche Versicherung seiner früheren Sekretärin, dass ein Teil der Bilder im Rüstungsministerium hing", sagt Hank. Zur Herkunft der Bilder habe Speer damals erklärt, er sei vermögend gewesen und habe sie im Kunsthandel erworben.

Da beide Seiten an einem Prozess nicht interessiert gewesen seien und auch er nicht habe nachweisen können, wie Frank an die Bilder gekommen sei, habe man den Kunstschatz, etwas mehr als 30 Gemälde, in zwei Hälften geteilt, jeweils im Schätzwert von einer Million Mark. Speer habe sich das Böcklin-Gemälde gesichert. Die Bilder aus dem Frank-Nachlass wurden danach bei einer Auktion versteigert, das Geld floss an die Erben.

Beide Seiten wollten nicht, dass die Herkunft der Gemälde bei den Versteigerungen angegeben wurde. Auch das Auktionshaus musste sich Vorwürfe gefallen lassen, die "Provenienz Speer" verheimlicht zu haben, um den Verkaufserfolg nicht zu gefährden. "Es war jedenfalls nicht meine Aufgabe, darauf hinzuweisen", sagt Hank. Nur Böcklins "Campagna Landschaft", wohl zu bekannt, wurde nicht versteigert und hängt heute als Stiftung in der Berliner Nationalgalerie.

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