Evonik-Werk in Wesseling Hand in Hand gegen die Katastrophe

WESSELING · Mit dem norditalienischen Seveso verbindet sich der schwerste Chemieunfall der Geschichte: Am 10. Juli 1976 entwich aus der "fabrica dei profumi", der "Fabrik der Düfte", wie man das dort ansässige Chemiewerk spöttisch nannte, eine verheerend giftige Dioxin-Substanz.

 Hilfskräfte in Vollschutzanzügen werden gefährlichen chemischen Verunreinigungen befreit.

Hilfskräfte in Vollschutzanzügen werden gefährlichen chemischen Verunreinigungen befreit.

Foto: Stefan Hermes

Verhängnisvoll wurde der Chemie-Unfall erst durch die Unwissenheit der dort beteiligten Hilfskräfte. Sie wussten nicht mit der tödlichen Substanz umzugehen. In einer ARD-Reportage kam damals ein Augenzeuge zu Wort: "Es war fast surreal. All diese Pflanzen, diese Bäume ließen ihre Blätter hängen, als ob sie ihren Lebensmut verloren hätten. Nach dem Unfall sahen wir eine Schafherde - vielleicht 50, 60 Tiere, die alle furchtbar aufgebläht waren, die Tiere haben Gras gefressen und die Säure verbrannte ihnen die Kehle."

Heute verbindet sich mit dem Namen der Stadt Seveso eine europäische Richtlinie "zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen": Die Seveso-Richtlinie, die in ihrer dritten verschärften Fassung bis zum 31. Mai 2015 in nationales Recht umgesetzt werden wird. Sie umfasst neben der Verpflichtung zum Sicherheitsmanagement vor allem auch die Information und Beteiligung der Öffentlichkeit.

In der Region stellen die chemischen Fabriken in Wesseling eine theoretische Gefahr dar, die im Falle eines nicht zu beherrschenden Unfalls Tausende von Menschen betreffen würde. Heute kann nahezu ausgeschlossen werden, dass sich ein Chemie-Unfall in der Dimension von Seveso in unseren Breitengraden wiederholen könnte. Die Sicherheits-Automatismen sollen dies auch in Zukunft verhindern.

Damit auch das "menschliche Versagen" auf das absolute Minimum reduziert wird, führt man Ernstfall-Übungen durch, wie sie am Samstagmorgen bei Evonik Industries in Wesseling stattfanden. Weiträumig war das Tor 2 an der Brühler Straße durch Einsatzkräfte der Feuerwehr abgesperrt. Es wurde ein Verkehrsunfall mit Leckage eines Lkw und einer damit verbundenen "Stofffreisetzung" simuliert.

Etwa 100 Teilnehmer mit 25 Einsatzfahrzeugen waren an dem Lehrstück beteiligt, das durch den Krisenstab aus Evonik- und Lyondell-Basell-Mitarbeitern, sowie externen Einsatzkräften von Feuerwehr und Katastrophenschutz durchgeführt wurde. Unter den kritischen Beobachtungen vieler Fachleute konnten die in Schutzanzüge gehüllten Sicherheitskräfte eindrucksvoll ihre Techniken der Gefahrenabwehr demonstrieren. Evonik ist eines der weltweit führenden Unternehmen der Spezialchemie. Der Konzern ist in mehr als 100 Ländern aktiv. Über 33.500 Mitarbeiter erwirtschafteten 2013 einen Umsatz von rund 12,9 Milliarden Euro und ein operatives Ergebnis von zwei Milliarden Euro.

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